Gesichtserkennungs-Pläne des FBI: Dein Gesicht in meiner Datenbank

Die US-Bundespolizei entwickelt ein neues System zur Gesichtserkennung. Diese Datenbank will sie mit Millionen Bildern füttern – auch von Menschen ohne Vorstrafe.

Verdächtige Gesichter. Bild: dpa

LONDON taz | Verbrecher verhaften, bevor sie Verbrechen begehen? Was wie eine Szene aus Science-Fiction-Filmen klingt, könnte bereits auf der To-Do-Liste des FBI stehen. Denn die US-Bundespolizei will jetzt nicht nur die Verbrechersuche mithilfe einer neuen Gesichtserkennungs-Software automatisieren, sondern diese soll auch Menschen ohne Vorstrafen berücksichtigen und auf sozialen Onlinenetzwerken herumschnüffeln dürfen.

Seit Ende 2011 testet das FBI in vier US-Staaten die „nächste Generation“ seines Gesichtserkennungsprogramms. Das Ziel: Bis zum offiziellen Einsatz des Programms soll die Gesichtserkennungs-Datenbank mit zwölf Millionen „durchsuchbaren Frontalbildern“ gefüllt sein.

Zurzeit unterhält das FBI bereits eine riesige biometrische Datenbank mit Fingerabdrücken, Iris-Scans, Handabdrücken, Gesichtserkennung und umfangreichen biografischen Daten von über 100 Millionen Amerikanern. Nun soll offenbar der Gesichtserkennungsbereich massiv ausgebaut werden.

Welche Pläne das FBI mit diesem „digitalen Bollwerk“ außerdem hat, geht aus Dokumenten hervor, die das National Day Laborer Organizing Network kürzlich über ein Treffen des „Criminal Justice Information Services Advisory Policy Board“ des FBI anforderte.

„Universelle Gesichtserkennungssoftware“

Darin heißt es, dass das FBI die Verbrechersuche künftig so weit wie möglich automatisieren will: Die Datenbank-Software soll Suchergebnisse automatisch an die örtliche Polizei oder staatliche Behörden weiterleiten, ohne dass diese Ergebnisse von einem Mitarbeiter des FBI überprüft werden. Außerdem arbeitet das FBI an „universeller Gesichtserkennungssoftware“ mit der Bundesstaaten, die über keine eigenen „Gesichts/Foto-Suchmöglichkeiten“ verfügen, auf die Datenbank zurückgreifen können.

Besorgniserregend ist außerdem, dass die rechtliche Grundlage solcher Speicherungen ausgeweitet werden soll. Derzeit dürfen Behörden keine „Fotos ohne Verhaftung“ benutzen. Doch das Gesichtserkennungs-System soll eben das auch dürfen und zum Herumschnüffeln auf sozialen Netzwerken und anderen Webseiten eingesetzt werden.

Das hieße nichts anderes, als dass die US-Regierung auf ihrer Datenbank Fotos von jedermann speichern könnte – unabhängig davon, ob die Person bereits Verbrechen begangen hat oder nicht. Mithilfe der Gesichtserkennungs-Software wäre es dann möglich, Bilder „in öffentlichen Datennetzwerken zu identifizieren“ – sprich Facebook, YouTube etc. – und „automatische Überwachung“ durchzuführen.

Daten mit 77 Ländern getauscht

Was die Folge einer derartigen Vernetzung sein könnte, zeigte die Berichterstattung der vergangenen Wochenüber Videoüberwachung bei US-Behörden. Aus E-Mails, die von Wikileaks veröffentlicht wurden, ging hervor, dass die US-Regierung mit einer Software namens „TrapWire“ experimentiert. Die britischen Zeitung Daily Mail behauptetete, dass die US-Regierung heimlich jeden ausspioniere, indem sie sich zivile Überwachungskameras zunutze mache.

Die New York Times berichtete dagegen, dass System nur an 15 Überwachungskameras getestet worden sei und diese Tests bereits eingestellt worden seien. In den E-Mails heißt es zwar, die New Yorker Polizei verwende die Software auf 500 Kameras, doch das wurde umgehend von der Behörde dementiert.

Dem Hersteller des Sytems zufolge, nutzt die Software Videokameras und Beobachtungen von Sicherheitskräften, um ein 10-Punkte-Beschreibung von Menschen und eine 8-Punkte-Beschreibung von Fahrzeugen in der Nähe eines möglichen Ziels eines Terroranschlags zu erstellen. Wenn diesselbe Person oder dasselbe Fahrzeug in verschiedenen Orten registriert wird und „verdächtiges Benehmen“ an den Tag legt, dann schlägt die Software Alarm. Ausgestattet mit einer „durchsuchbaren Datenbank“ von Bildern, würde mit einem System wie TrapWire ein Überwachungs-Traum wahr.

Aber die Amerikaner sind nicht allein was die Anwendung von „Big-Brother-Techniken“ betrifft: Aus den Dokumenten des FBI-Meetings geht ebenfalls hervor, das das FBI bereits mit 77 Ländern Daten austauscht und die Global Initiatives Unit des Geheimdienstes bereits 900.000 Datenprofile von ausländischen Partnern erhalten hat, 600.000 dieser Profile stammen aus Afghanistan. Zu deutschen biometrischen Datenbanken haben die Amerikaner bereits Zugang, aber dieses Abkommen soll jetzt auch auf Länder wie Irland, Spanien und Australien ausgedehnt werden.

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