Angriff auf Berliner Rabbiner: „Leider sind es meist Migranten“

Gewalt gegen Juden gehe oft von jugendlichen Migranten aus, sagt Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung. Dennoch sei dies ein gesamtdeutsches Problem.

In Großstädten häufen sich Angriffe auf Juden: Rabbiner in Berlin. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Amadeu Antonio Stiftung hat nach dem brutalen Überfall auf einen Rabbiner in Berlin vor zunehmender Gewalt gegen Juden gewarnt. „Es gibt in letzter Zeit mehr körperliche Attacken gegen Juden als in den vergangenen Jahren – vor allem in Ballungsgebieten und Großstädten“, sagte die Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane. „Und leider sind es meist junge Migranten.“ Antisemitische Schmierereien und Beschimpfungen sowie Sachbeschädigungen kämen dagegen eher von Rechtsextremen oder aus der Mitte der Gesellschaft. Diese machten die Mehrzahl der antisemitischen Fälle aus.

Am Dienstag war ein 53-Jähriger Rabbiner vor den Augen seiner Tochter von Jugendlichen geschlagen und antisemitisch beleidigt worden. Die Polizei vermutet, dass die Täter arabische Wurzeln haben. Ein israelischer Regierungssprecher verurteilt den Angriff scharf. Israel hoffe, dass Deutschland die Verantwortlichen vor Gericht bringe, sagte der Sprecher Paul Hirschson weiter.

Nach Kahanes Ansicht zeigt sich der Antisemitismus in Deutschland derzeit recht aggressiv. Dazu habe etwa die Beschneidungsdebatte beigetragen. In der Regel würden selten Rechtsextreme gegen Juden gewalttätig. „Das hat damit zu tun, dass Nazis in Gegenden dominant sind, wo es wenig jüdisches Leben gibt.“

Die Gewalt gehe eher von jungen Migranten aus. Vor allem der Nahost-Konflikt trage zur Ideologisierung der Jugendlichen bei. „Viele arabische Jugendliche sehen sich als Opfer Israels und pflegen einen Israel-Hass. Sie identifizieren Israel mit allem Jüdischen.“ Hinzu komme, dass Konflikte in manchen ausländischen Gemeinschaften mit körperlicher Gewalt gelöst würden.

„Die deutsche Gesellschaft darf sich nun aber nicht zurücklehnen und sagen: Das waren wieder einmal die Migranten, nicht wir“, betonte Kahane. Es gebe derzeit eine starke Selbstentlastungstendenz – etwa in Anbetracht der Morde der Neonazi-Terrorzelle NSU. Die Expertin warnte davor, nun so zu tun, als sei der Vorfall ein Problem der Anderen. „Schuldzuweisungen bringen nichts. Wir müssen uns mit dem Problem Antisemitismus als Gesellschaft auseinandersetzen – und dazu gehören auch Migranten.“

Die Amadeu Antonio Stiftung kämpft seit 1998 gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus. Unter anderem registriert sie entsprechende Übergriffe, die in offiziellen Statistiken oft nicht auftauchen.

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