Reportage-Reihe in der ARD: Mit versteckter Kamera

Von Bioprodukten, Lobbyisten und Schrottimmobilien: Am Montag startet die neue Staffel der Reportage-Reihe „Exclusiv im Ersten“ mit einem Ökocheck im Supermarkt.

Alles so schön Bio hier. Wirklich? – Dieser Frage geht die ARD am Montagabend nach. Bild: dapd

Draußen riecht es zwar schon manchmal nach Herbst, aber dennoch startet die ARD heute die zweite Sommerstaffel der investigativen Vorzeige-Reihe „Exclusiv im Ersten“. Geboten werden fünf politische Reportagen zu einer guten Sendezeit – das dürfte diejenigen erst mal eine Weile beruhigen, die sonst immer eine Verflachung des ARD-Programms beklagen.

Das Thema des ersten 30-Minüters: „Wie billig kann Bio sein? – Öko-Check im Supermarkt“ „Wir machen in bestens recherchierten Stücken auf wichtige Probleme und Missstände in Deutschland aufmerksam“, verspricht ARD-Chefredakteur Thomas Baumann. „Dabei gehen die Journalisten auf die Suche nach den Verantwortlichen und zeigen auf, wer Abhilfe leisten könnte.“

Die Beiträge kommen aus den Redaktionen der politischen Magazine der ARD. Deren Redakteure reichten Themen ein, die sie ausführlicher als in ihren Magazin-Fünfminütern behandeln wollten. Im Sommer 2011 konnte auf diese Weise vor allem mit der gelungenen Reportage über die Arbeitsbedingungen der Hermes-Paketfahrer eine öffentliche Debatte initiiert werden (damals hieß die Reihe noch „ARD-Exclusiv“).

Zum Auftakt der neuen Staffel zeigt „Fakt“-Reporter Knud Vetten mithilfe von schockierenden Bildern aus der Massentierhaltung, wie wenig das Label „Bio“ wert ist, seitdem Supermärkte und Discounter in das Geschäft eingestiegen sind.

Hang zum Alarmismus

Weiter geht es mit den Reportagen „Die Nein-Sager – Die Macht der Versicherungskonzerne“ (4.9.), „Die Einflüsterer – Wie Geld Politik macht“ (10.9.), „Vier Wochen Asyl – Ein Selbstversuch mit Rückkehrrecht“ (13.9.) und „Abgezockt statt abgesichert – Das schmutzige Geschäft mit Schrottimmobilien“ (17.9.).

Bei der Pressekonferenz in Hamburg wurden nur Ausschnitte gezeigt, da an allen Reportagen bis kurz vor ihrer Ausstrahlung gearbeitet wird, eine Aussage über ihre Qualität ist deshalb nicht möglich. Doch schon einige der Einspieler zeigten, dass auch bei „Exclusiv im Ersten“ die nervigen Stil-Elemente aufgeboten werden, ohne die politische Reportagen anscheinend nicht mehr zu haben sind – zum Beispiel der Hang zum Alarmismus in Form von dramatischer Musik, markigen Sprüchen und dem völlig sinnlosen Einsatz von versteckten Kameras.

Auch ist nicht immer ganz klar, warum einige der Reporter so häufig im Bild sind. Es gibt bestimmt gute Gründe für diese so genannten Presenter-Reportagen, einer davon dürfte Eitelkeit sein. Positiv ist, dass man in der „Exclusiv im Ersten“-Reihe nicht nur an den zurzeit überpräsenten Verbraucher denkt: „Es gibt bei Reportagen und Dokus einen erkennbaren Trend zu Verbraucherthemen, weil wir ja auch merken, dass wir auf diese sehr viele Reaktionen bekommen“, sagt Thomas Baumann.

„Ich finde es richtig, auf dieses Bedürfnis der Zuschauer einzugehen, aber wir wollen auch nicht grenzenlos auf dieser Welle mitreiten. Wichtig ist die Mischung und deshalb haben wir auch Themen in die Reihe aufgenommen, mit denen die meisten Zuschauer keine persönlichen Berührungen haben.“ In diese Kategorie fällt die Reportage über den Alltag im Asylbewerberheim, die bei der Kurzpräsentation leider einen faden Beigeschmack hinterließ.

Für den „Selbstversuch“ zog ein „Kontraste“-Team für vier Wochen in ein Asylbewerberheim. Es ist schon fast obszön, zu glauben, als Journalist könne man sich auch nur annähernd in die Situation der Asylsuchenden einfühlen. In den bereits gezeigten Szenen ekelt sich die Reporterin Caroline Walter vor Schimmel im Bad und hofft, dass sie in ihrem neuen Bett gut schlafen kann. Das hatte etwas von der Doku-Soap „Frauentausch“. Sollte sich dieser Eindruck bestätigen, wäre es schade um den guten Sendeplatz.

„Exclusiv im Ersten“: 3.9., 21.45 Uhr, ARD

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