Iranische Juden in Israel: Vom Schurkenstaat ins Gelobte Land

In Israel treffen 40 iranische Juden ein - die größte Gruppe seit der Islamischen Revolution. Trotz Ahmadinedschads judenfeindlicher Rhetorik fühlen sich Juden im Iran relativ sicher.

Bei ihrer Ankunft wurden die jüdischen Einwanderer euphorisch begrüßt. Bild: dpa

JERUSALEM taz Mit Freudenschreien und Süßigkeiten sind am Dienstag 40 jüdische Einwanderer aus Iran am israelischen Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv von ihren Verwandten begrüßt worden. Es ist die größte Gruppe von Immigranten seit der Islamischen Revolution in 1979. Die Frauen, Männer und Kinder sind ohne ihr Hab und Gut über ein Drittland - wahrscheinlich die Türkei oder Jordanien - ins Heilige Land eingereist. Da zionistische Aktivitäten verboten sind, konnten sie nur das mitnehmen, was für eine normale Urlaubsreise üblich ist. Internationale jüdische Organisation wollen sie deshalb mit einem Startkapital von umgerechnet 6.950 Euro pro Familie unterstützen.

Die "Alija", wie die Einwanderung nach Israel genannt wird, sollte ursprünglich geheim gehalten werden, um die Angehörigen und Freunde der Migranten im Iran nicht zu gefährden. Die Informationen sickerten dann aber doch an die israelischen Medien durch. Sie trafen vor allem deshalb auf ein großes Echo, weil Mahmud Ahmadinedschad, Präsident des international isolierten Iran, wiederholt dazu aufgerufen hat, "Israel von der Landkarte zu tilgen". Schon allein deshalb sieht sich der jüdische Staat durch das umstrittene iranische Atomprogramm besonders bedroht. Gleichzeitig lebt im Mullah-Staat mit über 25.000 Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde des gesamten Nahen und Mittleren Ostens.

Die International Fellowship of Christians and Jews, die die Auswanderung der Gruppe gesponsert hat, sieht die jüdische Minderheit in der islamischen Republik stark gefährdet - nicht nur wegen der Vernichtungsdrohungen gegen Israel, sondern auch wegen Ahmadinedschads notorischer Leugnung des Holocaust. "Unser Gefühl ist, dass es sehr ähnlich ist wie die Situation der Juden in Deutschland in den 1930er-Jahren", sagte Fellowship-Gründer Rabbiner Yehiel Eckstein, der Tageszeitung Haaretz.

Iranische Juden vor Ort betonen hingegen, dass sie - sofern sie sich politisch unauffällig verhielten - unbehelligt leben könnten. Anders als in den arabischen Nachbarländern werden im Iran selbst von Regierungsvertretern und Hardlinern die Begriffe "Juden" und "Israel" nicht als Synonyme verwendet.

Der jüdischen Minderheit werden sogar besondere Rechte eingeräumt. Juden sind als Minderheit zudem mit einem Abgeordneten im Parlament vertreten. Es wird geduldet, dass Kontakt zu den in Israel lebenden Verwandten besteht. Israelis, die aus dem Iran stammen, konnten bisher auch zu Besuch in die alte Heimat kommen.

Allein Teheran hat vier jüdische Schulen, 20 Synagogen, ein jüdisches Krankenhaus und sogar drei koschere Restaurants. "Wir sind Teil der iranischen Nation", betont Harun Jaschajaje, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Teheran. Die Vernichtungsdrohungen Ahmadinedschads gegen Israel beeinflusse ihr Leben nicht. "Das Schicksal der Jüdischen Gemeinde hängt nicht von der Beziehung zwischen Iran und Israel ab", behauptet er. Die Zahl der Einwanderer nach Israel ist gering. Im Jahr 2006 waren es 65, 2007 rund 200 Menschen.

Andererseits sind Juden, wie andere Nichtmuslime, Bürger zweiter Klasse in Iran. Sie dürfen keine Berufssoldaten oder Schuldirektoren werden, und sie sind von Jobs in den Sicherheitsdiensten und der Rechtsprechung ausgeschlossen. Tritt ein Familienmitglied zum Islam über, erbt es den gesamten Besitz. Selbst die Vorbeter trauen sich nicht, auf der Straße eine Kippa zu tragen, die für fromme Juden typische Kopfbedeckung. Und die jüdischen Frauen tragen sogar in der Synagoge das in Iran obligatorische Kopftuch. Eine der Neueinwandererinnen kam am Dienstag damit in Israel an. Gewohnheiten legt man nicht so schnell ab.

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