Großmeisterin Pähtz in Istanbul: Neues vom Schachtürken

Elisabeth Pähtz, Deutschlands Beste, wirkt als Trainerin am türkischen Schach-Boom mit. Bei der Olympiade in Istanbul spielt sie dennoch für die Bundesrepublik.

Ob er Deutschlands Großmeisterin Elisabeth Pähtz geschlagen hätte? Der Schachtürke. Bild: dpa

BADEN BADEN taz | Im 18. Jahrhundert sorgte ein Schachtürke für Aufsehen: 1769 baute Baron Wolfgang von Kempelen einen Apparat, hinter dem eine Puppe saß, die wie ein Osmane mit Turban und Mantel gekleidet war, der Schachtürke eben. An den europäischen Höfen und später in Amerika brachte das vermeintliche Weltwunder die Menschen zum Staunen.

Kempelen öffnete zwar vor jeder Vorstellung den großen Kasten vor dem „Schachtürken“, doch die Schaulustigen entdeckten den geschickt versteckten kleinen Meisterspieler nie darin. Der führte mittels einer komplizierten Mechanik oben auf dem Brett die Züge aus. Wie von Zauberhand schlug so der Schachtürke Friedrich den Großen und andere gekrönte Häupter.

Ein kleines, aber echtes Weltwunder hat der Schachtürke der Gegenwart vollbracht: der umtriebige wie streitlustige Präsident des türkischen Schachverbands Ali Nihat Yazici. Zur Jahrtausendwende interessierte am Bosporus kaum einen das königliche Spiel. Gerade einmal 3.000 Spieler soll es gegeben haben. Inzwischen sind es dank Yazicis Schulschach-Programmen 250.000.

Die Schach-Olympiade, der große Nationenwettkampf, findet zum zweiten Mal nach 2000 in Istanbul statt. Für die von der Diaspora zum Schach-Paradies mutierte Türkei treten dabei einige Ausländer an. Gerüchte ließen die deutschen Fans gar fürchten, dass ihre einzige Weltklassespielerin auch die Fronten wechseln könnte. Elisabeth Pähtz ließ sich zwar von Yazici als Trainerin in Ankara anheuern, bei der Olympiade spielt sie aber noch unter schwarz-rot-goldener Flagge. Die 27-Jährige aus Erfurt dementiert, einen Verbandswechsel ins Auge zu fassen.

Bedingungen in der Türkei viel besser als in Deutschland

Enttäuscht zeigt sich die Nachwuchs-Weltmeisterin von 2002 und 2005 aber schon vom Deutschen Schachbund (DSB). Bis auf eine „Sonderförderung als Zwölfjährige“ habe sie nie viel von ihrem Verband erhalten. Die Großmeisterin schloss deshalb lieber eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin ab, anstatt Vollprofi zu werden.

Englisch und Französisch kann sie schon, jetzt büffelt sie eifrig Türkisch, um ihre talentierten Schützlinge aus der Mädchen-Auswahl besser unterrichten zu können. Ihr Gehalt sei zwar „nicht übermäßig hoch“, schiebt Pähtz nach, doch ansonsten seien „die Bedingungen für Schachspieler hier unschlagbar“. Die Weltranglisten-22. glaubt an einen weiteren osmanischen Aufschwung.

Am deutschen Spitzenbrett in Istanbul hat sie bislang mit 4,5:2,5 Punkten überzeugt. Nach einem 4:0 gegen Syrien stehen die deutschen Frauen auf Platz 24 unter 125 Teilnehmerländern. Sie sind damit zehn Ränge besser platziert als die Türkinnen. Die nominell stärkeren Großmeisterinnen aus Deutschland werden die Gastgeberinnen diesmal wohl noch überflügeln – bevor Pähtz’ Arbeit als Trainerin in Ankara so richtig Früchte trägt.

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