Kolumne Männer: Angeklagt. Aber warum?

Warum bitten Männer um Entschuldigung dafür, dass sie Männer sind? Die sind doch nicht von Natur aus schlecht oder faul.

Torte. Geeignet für den Verzehr allein oder mit Onkel Hubsi. Bild: dapd

Ich möchte um Entschuldigung bitten. Nicht für mich, sondern im Namen anderer Männer. Es gibt ja viele Kerle, die mit ihren Worten und Taten Grässliches anrichten, und das tut mir leid. Wirklich. Deshalb bitte ich um Entschuldigung für Männer, die sich dafür entschuldigen, dass sie ein Mann sind.

Eine beliebte Art, sich öffentlich seines Geschlechts zu schämen, ist die Anbiederung. Auf der Internetseite der Initiative „Pro Quote“ erklären Journalisten, warum sie für einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent in journalistischen Führungspositionen sind. Auch ich habe mich dafür ausgesprochen.

Der Politikkorrespondent der Welt-Zeitungsgruppe, Alan Posener, lässt sich dort mit den Worten zitieren: „Ich kann es nicht besser sagen als meine Heldin Margaret Thatcher: ’If you want something said, ask a man. If you want something done, ask a woman.‘ Da wir in den Medien vor beispiellosen Herausforderungen stehen, brauchen wir sehr schnell mehr Leute, die etwas tun. Also mehr Frauen.“

Vorzeigbar trotz Job bei der Welt

Sicher gibt es Männer, die den lieben langen Tag quasseln. Aber zum einen soll das ja auch unter Frauen vorkommen, und zum anderen rückt Herr Posener durch die Verallgemeinerung auch sich selbst in ein schlechtes Licht: Wenn alle Männer Schwätzer sind, die nichts zustande bringen, dann auch er selbst. Ich kenne den Autoren nicht persönlich. Aber ich vermute doch sehr stark, dass er in seinem Leben bereits das eine oder andere Vorzeigbare bewerkstelligt hat. Auch wenn er für die Welt arbeitet.

Ähnlich beliebt wie das Anbiedern ist die Anklage. Der Kriminologe Christian Pfeiffer, damals SPD-Justizminister in Niedersachsen, veröffentlichte 2001 einen Artikel in der Zeit. Darin fragte er: „Und wer ist schließlich dafür verantwortlich, dass uns immer wieder Gewalt, Terror und Krieg bedrohen?“ Die Antwort spare ich mir. Nur so viel: Der Titel des Artikels lautete: „Machos, Feinde der Menschheit“. Gewalt, Terror, Krieg – alles Männerwerk? Gibt es einen schöneren Beweis, dass Margaret Thatcher falsch lag?

So lange ich auch blättere: Wenn ich in meinen Terminplan schaue, finde ich partout keine Einträge wie „10 Uhr: Krieg anzetteln, 14:30 Uhr: Gewalt gegen Frauen ausüben, 17 Uhr: Torte mit Onkel Hubsi“. Und das liegt nicht nur daran, dass ich leider keinen Onkel namens Hubsi habe. Ich fühle mich nicht angesprochen von der Anklage, Männer seien von Natur aus schlecht oder faul. Bin ich deshalb kein Mann? Doch.

Der Fehler liegt in der ungeheuren Verallgemeinerung. Auf der Welt gibt es 3,5 Milliarden Männer. Die sollen alle dieselben finsteren Ziele teilen, sich gar verschworen haben zur Zerstörung der Welt? Ich finde ja nicht mal einen, der mit mir Torte isst.

Ich bin für die Gleichberechtigung der Geschlechter. Aus dem schlichten Grund, dass es ungerecht wäre, einer Hälfte der Menschheit mehr Gelegenheiten zum öffentlichen Fehlermachen zu geben als der anderen. Denn ich bin mir sicher: Unter denselben gesellschaftlichen Bedingungen verhalten sich Männer und Frauen im gleichen Maße unausstehlich. Tut mir echt leid.

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Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.

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