Korallen sterben weltweit: Zu träge für den Klimawandel

Riffkorallen passen sich nur sehr langsam an veränderte Umweltbedingungen an. Deshalb sind sie vom Klimawandel besonders stark bedroht, warnt eine Studie.

Bedrohte Schönheiten: Korallenriffe leiden unter dem Klimawandel. Bild: dpa

BERLIN taz | Riffe sind stärker vom Klimawandel betroffen als andere Ökosysteme. Erwärmt sich das Oberflächenwasser der Meere um zwei Grad, werden sämtliche riffbildende Steinkorallen schwer getroffen. Zu diesem Ergebnis kommt die bislang „umfassendste und robusteste Analyse“ zur Korallenbleiche, wie die Autoren im Fachblatt Nature Climate Change berichten.

Es hat lange gedauert, bis sich der größte Teil der Weltgemeinschaft auf ein verbindliches Klimaziel geeinigt hat, das als „verträglich für Natur und Mensch“ gilt. Aber das „Zwei-Grad-Ziel“ nutzt den Riffbildnern wenig. Bei einer entsprechenden Erwärmung, setzt eine lebensbedrohliche Korallenbleiche ein, deren Ausmaß erschreckend ist. Dass eine Erhöhung der Wassertemperatur Korallen schädigt, ist bekannt.

Auch das in der Studie verwendete Verfahren ist bewährt: „Wir benutzen einen bereits etablierten Indikator für temperaturbedingten Stress bei Korallen, um die Häufigkeit von Bleichungen zu beschreiben“, sagt Hauptautorin Katja Frieler. Neu ist: Erstmals wurden „eine Vielzahl verschiedener Klimamodellsimulationen einbezogen“, sagt die Wissenschaftlerin vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) der taz.

Riffbildende Korallen sind tierische Organismen (Polypen), die zu den Nesseltieren gehören und in Symbiose mit bestimmten Algen (Zooxanthellen) leben. Vor allem in warmen, nährstoffärmeren Gewässern sind sie von den Algen abhängig. Diese sind für die Färbung der Koralle verantwortlich und liefern Sauerstoff und Kolhenhydrate.

Bei Temperaturstress stoßen die Korallen die Algen ab - die Koralle „bleicht“. Diesen Zustand kann sie einige Zeit überleben, hält er an, stirbt sie. Die Versauerung der Meere durch verstäkte CO2-Aufnahme aus der Luft verstärkt die Gefahr für die Korallen weiter, denn ein niedriger ph-Wert verlangsamt die Kalkbildung und damit das Riffwachstum.

Da seit etwa 1910 die Meere etwa ein Grad wärmer geworden sind, reagieren Korallen immer sensibler auf steigende Temperaturen. So starben bei der bisher größten durch "El Nino" verursachten Bleiche 1998 rund 16 Prozent der Korallen weltweit. An einigen Stellen im Pazifik verendete sogar fast die gesamte Steinkorallenpopulation.

Bis jetzt einzigartig ist auch der Umfang der Studie. Die internationale Forschungsgruppe rechnete die Erwärmungsszenarien für 2.160 Riffstandorte mit 19 verschiedenen Modellen für das gesamte 21. Jahrhundert durch. Das Ergebnis: „Bereits 2030 könnten 70 Prozent der Korallen langfristige Schäden erleiden.“ Die Folgen einer Erwärmung um zwei Grad sind nicht nur für die Korallen fatal. Riffe sind der Lebensraum rund eines Viertels der ozeanischen Artenvielfalt.

Sie sind auch für den Menschen enorm wichtig, als Wellenbrecher zum Küstenschutz, als touristische Einnahmequelle und vor allem als Nahrungsquelle für rund 100 Entwicklungsländer. Es gibt noch einen biologischen Ausweg für die Korallen: Sie passen sich den neuen Verhältnissen an, etwa durch den Wechsel auf eine temperaturresistentere Algenart. Die Chancen dafür stehen eher schlecht, erläutert Mit-Autor Ove Hoegh-Guldberg von der australischen University of Queensland.

Der Grund ist die geringe Evolutionsgeschwindigkeit der Korallen. Diese nimmt zu, je kürzer die Lebenszyklen sind. Korallen aber werden aber 5-100 Jahre alt. Außerdem pflanzen sie sich als Klone fort, was die genetische Vielfalt gering hält und so die Evolutionsgeschwindigkeit im Vergleich zur geschlechtlichen Vermehrung weiter bremst.

„Korallenriffe sind schon deutlich unter einer globalen Erwärmung von zwei Grad Celsius massiv von Bleichungsereignissen und den daraus folgenden langfristigen Schäden bedroht“, fasst Fieler das Ergebnis der Studie gegenüber der taz zusammen. Auch bei einer positiven Bewertung des Anpassungspotentials der Korallen prognostizieren die Autoren, dass sich bereits bei einer Erwärmung des Oberflächenwassers um maximal 1,5 Grad nur noch die Hälfte aller Riffe schützen lässt.

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