DIE WAHRHEIT: Alles so schön bunt hier

2013: Das Rennen um „Germanys next Topkanzler“.

Die USA machen es vor, Politik ist eine bunte Show voller Effekte. Nach den aalglatten Inszenierungen von Republikanern und Demokraten ist die Welt gespannt, welchen Heilsbringer die US-Bürger im November ins Weiße Haus wählen. Wofür sie stehen, interessiert, wenn überhaupt, nur am Rande. Wenn die Verpackung geil genug ist, kauft man gerne die Katze im Sack.

Da die Vereinigten Staaten schon immer ein Vorbild für die Bundesrepublik waren, versuchten deutsche Politiker von ihren Freunden zu lernen. So verspricht das bevorstehende Bundeswahljahr 2013 bunter, schriller und poppiger als alle vorherigen zu werden. Auf die folgenden Inszenierungen können wir uns schon heute freuen.

CDU/CSU: Staatstragend wird Angela Merkel wenige Wochen vor der Wahl im ausverkauften und vom Flutlicht erhellten Berliner Olympiastadion zum Volke sprechen. Statt wie gewöhnlich im biederen Hosenanzug überrascht sie beim „Christlich-demokratischen Event des Jahrhunderts“ im schrillen Glitzerkostüm.

Zu den Klängen von „Relight my fire“ betont sie, dass sie es war, die die Energiewende eingeleitet, den Euro gerettet und Jogi Löws Jungs ins Halbfinale der Europameisterschaft geführt hat. Doch weil Merkel weiß, dass das allein nicht zur Wiederwahl reicht, gibt es am Ende ihrer Show den finalen Wählerstimmen-Booster.

Das Stadion verdunkelt sich, Glockenschläge ertönen und ein paar vermummte Gestalten schieben einen silbernen Sarg in die Mitte des Stadions. Das Publikum tobt, als der Sarg von zwei Blitzen getroffen wird und Feuer fängt. Aus dem Sarg, durch das Feuer hinweg, entsteigt die neue und alte Hoffnung der CDU/CSU: Edmund Stoiber. Mit seiner eigens auf den neuen Berliner Flughafen umgemünzten Transrapid-Rede bringt er die überhitzte Stimmung in wenigen Minuten zum Explodieren. Damit pusht er CDU und CSU auf beinahe 40 Prozent.

SPD: Dem Vorhaben der Kanzlerin, wiedergewählt zu werden, stellt sich die zweitgrößte Volkspartei entschieden entgegen. Im Juni 2013 startet SPD deshalb mit „Supergenosse gesucht“ eine mediale Offensive. Begleitet von Kamerateams werden die Spitzenkandidaten Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück auf einer einsamen Insel ausgesetzt. Dort müssen sie verschiedene Aufgaben bewältigen, wie erfolgreich eine Affenbande bändigen oder ein Stück Urwald für den Bau eines neuen Kohlekraftwerks roden.

Am Ende küren Dirk Bach und Sonja Zietlow Gabriel zum Sieger. Als mit allen Wassern gewaschener und gestählter Jungvater bewältigt er sämtliche Aufgaben mit Bravour. Wie erhofft sind auch die Quoten der Show exorbitant hoch und die Rechnung scheint aufzugehen. Erstmals wollen alle deutschen Nichtwähler wählen gehen. Da sie jedoch keine Ahnung haben, wohin sie gehen müssen, um ihre Stimme abzugeben, stagniert die SPD bei 30 Prozent. Wieder einmal brauchen die Sozialdemokraten einen starken Koalitionspartner.

Grüne: Anders als die SPD suchen die Grünen ihre Führung per Urwahl. Weil es dabei jedoch zu keinem klaren Ergebnis kommt, spielen die siebzehn übrig gebliebenen Spitzenkandidaten Reise nach Jerusalem. Am Ende gewinnen Jürgen Trittin und Renate Künast, weil sie einfach auf ihren Stühlen sitzen bleiben.

Im Sinne einer positiven Außenwirkung nennen sich beide fortan Brad Trittin und Angelina Künast. Medienwirksam adoptieren sie in den folgenden Wochen mehrere vernachlässigte Kinder und reisen danach gemeinsam mit einigen Boulevard-Journalisten in einem Elektromobil von Biohof zu Biohof.

Später stellt sich heraus, dass zwei der adoptierten Kinder von Ursula von der Leyen stammen. Die hatte ihren Nachwuchs als humangedeckte Rentenvorsorge dem Jugendamt zur freien Verfügung gestellt. Ein Skandal, der wertvolle Stimmen kosten wird. Dennoch reicht es für beinahe fünfzehn Prozent.

Die Linke: Allen Unkenrufen zum Trotz will Oskar Lafontaine ein weiteres Mal den sozialistischen Karren aus dem Dreck ziehen. Eigens dafür kauft er sich mit einem neuen bahnbrechenden Format ins deutsche Kinderprogramm ein.

Als Oskar aus der Wahlurne erobert er die Herzen der Kleinen im Sturm. Schade, dass die noch nicht wählen dürfen. Als er diesen Fauxpas erkennt, fordert Lafontaine die Herabsetzung des Wahlalters auf 12 Jahre und droht, 2017 erneut für Die Linke anzutreten.

FDP und Piraten: Sie sorgen für die wahrscheinlich größte Überraschung im Land. Wenige Monate vor der Wahl geben beide Parteien bekannt, dass sie fusionieren. Zusammen wissen sie noch weniger, wofür sie eigentlich stehen, aber immerhin darf Philipp Rösler jetzt eine Augenklappe tragen.

Als „Freie demokratische Piraten“ entern Rösler und seine Matrosen mit knapp über zehn Prozent den Bundestag, wo sie fortan den ganzen Tag Rum trinken, die übrigen Minister als öffentlichkeitsgeile Schweine beschimpfen und mehr Transparenz und Wachstum fordern.

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