Die Debatte der Vize-Kandidaten: Demokratische Wundheilung

In der Debatte der Vizepräsidentschaftskandidaten attackiert Joe Biden seinen republikanischen Herausforderer Paul Ryan hart. Vielleicht zu hart.

Die beiden Kandidaten für den Vizepräsidenten: Joe Biden (l) und Paul Ryan (r). Bild: dapd

BERLIN taz | Unentschieden: das ist das Urteil der meisten US-Medienbeobachter, die am Donnerstagabend die erste und einzige Fernsehdebatte zwischen US-Vizepräsident Joe Biden und dem Abgeordneten Paul Ryan bewerteten, der am 6. November als Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner an der Seite von Mitt Romney antritt.

Der Unterschied zur Debatte zwischen Romney und Präsident Barack Obama in der Vorwoche hätte nicht drastischer ausfallen können. Wirkte Obama müde und unkonzentriert, so ging Biden sofort zum Angriff über – eine Position, die er während der gesamten 90 Minuten nicht mehr aufgab.

In mitunter salopper Sprache, wild gestikulierend und während der Ausführungen seines Gegenübers immer wieder entweder lachend oder stöhnend, vertrat Biden offensiv die Ansicht, dass die Wiederwahl Obamas die bessere Lösung sei und vor allem: dass die Republikaner lediglich Politik für wenige Reiche machen und sich um die große Mehrheit der US-Amerikaner nicht scheren würden.

Im Unterschied zu Obama brachte Biden schon früh in der Debatte jene heimlich aufgezeichneten Äußerungen Romneys vor reichen Spendern ins Spiel, in denen dieser gesagt hatte, 47 Prozent der US-Amerikaner lebten von staatlichen Zuwendungen und würden keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen.

Verbale Missgriffe

Ryans Konter: Biden wisse wohl selbst ganz gut, dass nicht immer alles gut formuliert ist, was einem so aus dem Mund kommt – eine Anspielung auf Bidens eigene reichhaltige Geschichte der verbalen Missgriffe. Biden zurück: „Ja, aber ich meine, was ich sage. Romney auch.“

Unter Moderation von ABC-News-Journalistin Martha Raddatz diskutierten Ryan und Biden Außenpolitik von Libyen über Syrien bis Afghanistan, Gesundheitsreform und Steuerpolitik bis hin zu Abtreibung.

Biden und Ryan sind beide Katholiken, doch während Ryan seine Ablehnung von Abtreibungen im Einklang mit der Kirchendoktrin verteidigte, sagte Biden, er glaube nicht, dass er die Position seiner Kirche allen Bürgern aufoktroyieren dürfe – Frauen müssten die Kontrolle über den eigenen Körper behalten.

Den Wähler im Blick

Richtig punkten konnte Biden, als er Ryan vorhielt, die Republikaner hätte ihre Kritik an dem „verschwenderischen“ wirtschaftlichen Stimulationsprogramm zu Beginn der Obama-Amtszeit zum Zentrum ihres Wahlkampfs gemacht, gleichzeitig aber habe Ryan als Abgeordneter aus Wisconsin ihm damals gleich zwei Briefe geschrieben und um solche Gelder für seinen Wahlkreis gebeten.

Unklar blieb in der Bewertung, ob der Auftritt des 69-jährigen Biden, der seinen 27 Jahre jüngeren Konkurrenten ein ums andere Mal unterbrach, nicht zu dominant war und wie das bei unentschlossenen Wählern ankommen könnte. Sicher ist: Der nach dem schwachen Auftritt Obamas in der vergangenen Woche frustrierten demokratischen Wählerbasis tat Bidens Auftritt sehr gut.

Am kommenden Dienstag treffen sich Obama und Romney zu ihrer zweiten Debatte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.