Nach dem Anschlag im Libanon: Krawalle und Protest gegen Regierung
Nach dem Bombenanschlag in Beirut hofft UN-Chef Ban hofft, dass der Libanon nicht in den Sog des Bürgerkriegs in Syrien gerät. Und Rufe nach dem Rücktrit der Regierung werden lauter.
BEIRUT dapd/dpa | Nach dem tödlichen Anschlag auf den libanesischen Geheimdienstchef in Beirut ist es im Libanon zu Protesten und Krawallen gekommen. Demonstranten errichteten am Samstag in der Hauptstadt Absperrungen und verbrannten Autoreifen, auf den Straßen der Stadt Tripoli im Norden des Landes feuerten Bewaffnete in die Luft.
Der Aufruhr nährte die Sorge, dass der Libanon wieder in das gewaltsame Chaos kippen könnte, das den Staat mit seiner großen Zahl an Konfessionen jahrzehntelang dominiert hatte. Am Freitag waren der Geheimdienstchef Wissam al Hassan sowie sieben weitere Menschen bei einem Bombenattentat getötet wurden.
Hunderte sunnitische Demonstranten marschierten am Samstag durch die Innenstadt von Beirut und warfen Syrien und der mit dem Regime in Damaskus verbündeten Hisbollah-Miliz vor, hinter dem Anschlag vom Freitag zu stecken. In der ostlibanesischen Stadt Mardsch versuchten Demonstranten ein Büro der pro-syrischen Organisation Itihad zu stürmen wurden aber von Soldaten zurückgedrängt. An der Grenze zu Syrien wurden Teilnehmer einer Kundgebung von syrischer Seite aus beschossen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat dem libanesischen Präsidenten Michel Suleiman und Regierungschef Nadschib Mikati Unterstützung zugesagt.
Bans Solidarität
In einem Telefonat mit Suleiman am Samstagabend äußerte Ban die Hoffnung, dass sich Libanon nicht von „regionalen Ereignissen“ – gemeint war der Bürgerkrieg im benachbartren Syrien – beeinflussen lasse. Ban habe sein Mitgefühl ausgedrückt und seine Solidarität mit dem libanesischen Volk betont, sagte ein Sprecher Bans am Samstag in New York laut Mitteilung.
Bei der Explosion einer Autobombe im christlichen Viertel Aschrafijeh waren am Freitag acht Menschen getötet und mehr als 80 verletzt worden. Unter den Toten ist auch General Wissam al-Hassan, ein Sunnit und hochrangiger Funktionär des libanesischen Geheimdienstes, dem der Anschlag nach Ansicht von Beobachtern galt. Al-Hassan stand der anti-syrischen Zukunftsbewegung des Oppositionspolitikers Saad Hariri nahe. Viele sehen die Verantwortlichen für den Anschlag daher in Damaskus.
Al-Hassan soll nach dpa-Informationen am Sonntag an der Seite von Ex-Ministerpräsident Rafik Hariri im Zentrum von Beirut begraben werden. Der Vater von Saad Hariri war 2005 ebenfalls bei einem Bombenanschlag getötet worden. Damals war Al-Hassan sein Sicherheitschef. Auch damals machten viele Syrien verantwortlich – bewiesen werden konnte das aber nicht.
Rücktritt angeboten
Im Libanon wurden am Samstag die Rufe nach einem Rücktritt der von der Hisbollah gestützten Regierung immer lauter. Landesweit gingen am Samstag zum nationalen Tag der Trauer insbesondere in den von Sunniten dominierten Regionen Menschen auf die Straße und forderten Ministerpräsident Mikati zum Rücktritt auf.
Nach einer Krisensitzung des Kabinetts sagte dieser, er habe Präsident Suleiman den Rücktritt angeboten, bleibe jedoch auf dessen Bitte hin vorerst im Amt.
Der Ministerpräsident argumentierte: „Wir wollen kein Machtvakuum im Libanon.“ Die derzeitige Regierung wurde 2011 von einem Bündnis an die Macht gebracht, das von der pro-syrischen, schiitischen Hisbollah dominiert wurde.
Leser*innenkommentare
Syrischer Christ
Gast
Und im Christenviertel in Damaskus explodierte eine Bombe.
Naja, zufällig ist es heute Sonntag.
Die Christen sind halt daran schuld, daß sie in diesem Viertel seit 2000 Jahren leben.
Hari Seldon
Gast
Der Sicheitschef des getöteten Hariris.... Nun, der zu schützende Person ist tot, und der Sicheheitschef lebte bis jetzt. Könnte es nicht sein, dass der Sicherheitschef erst jetzt zu Rechenschaft gezogen wurde? Ausserdem ist auch auffällig, dass der Attentat im christlichen Stadviertel passierte, und nicht die Christen, sondern die Sunniten randalieren. Hier stimmt etwas ganz sicher nicht. Es könnte durchaus sein, dass die Kopfabschneider in Syrien (pardon, "Freiheitskämpfer") jetzt auch in Libanon "Befreiung" probieren wollen.