Borussia Dortmunds Niederlage im Derby: Verordnete Ordnungslosigkeit

Der fast schon als unfehlbar geltende Jürgen Klopp verhilft Gegner Schalke mit einem gewagten taktischen Manöver zum Sieg – und nimmt freimütig alle Schuld auf sich.

Wo ist sie nur, die Ordnung? Jürgen Klopp sucht. Bild: reuters

DORTMUND taz | Geradezu unheimliche Dimensionen hat der Heldenkult um Jürgen Klopp während der vergangenen Monaten erreicht. Als Werbefigur ist der Dortmunder Fußballlehrer allgegenwärtig, natürlich ist er „Trainer des Jahres“ und „Star des Jahres“, alles, was dieser Erfolgsmensch anpackt, scheint zu Gold zu werden.

Insofern hat es etwas Beruhigendes, dass der 45-Jährige am Samstag ein Stück von seiner Unfehlbarkeit eingebüßt hat. „Ich wollte der Mannschaft helfen, aber das hat nicht gezogen heute, diesen Schuh ziehe ich mir an“, sagte er nach der schmerzhaften 1:2-Niederlage von Borussia Dortmund gegen Schalke 04 erfreulich selbstkritisch.

Klopp hatte die Größe, die Fehlkalkulation einzuräumen, die als Hauptursache für diese erste Dortmunder Heimniederlage seit über einem Jahr gelten darf.

Zum ersten Mal in seinen gut vier Jahren als Trainer beim BVB hatte er seiner Mannschaft ein System mit Dreierabwehrkette verordnet, „wir können das spielen“, sagte Neven Subotic später zwar, seine Skepsis war jedoch nicht zu überhören, als er ergänzte: „Aber wir präferieren schon das 4-2-3-1.“

Nach einer halben Stunde der Ordnungslosigkeit stellte Klopp wieder auf die bewährte Systematik um, da führten die Schalker aber längst verdient mit 1:0 (Ibrahim Afellay, 14.). Und auch nach der Rückkehr zur Viererkette konnten sich die Dortmunder nie ganz aus ihrer seltsamen Lethargie lösen. „In der einen oder anderen Situation war ich geschockt, was unser Passspiel angeht“, sagte Klopp, Mats Hummels resümierte: „Wir haben heute einfach nicht gut gespielt.“

Aber es war ein Derby!

Wäre den Dortmundern diese Partie irgendwann im Frühjahr passiert, könnte man nun getrost von der berühmte Ausnahme von der Regel sprechen. Aber es war ein Derby! In einer ziemlich heiklen Phase der Saison noch dazu. Wird die Dortmunder Ergebniskrise so langsam zu einem Trend?

Natürlich verneinen sie diese Frage. Er sei „selbstverständlich davon überzeugt, eine ähnliche Serie starten zu können“ wie in der vergangenen Saison, sagte Hummels. Aber die mittlerweile zwölf Punkte Rückstand auf den FC Bayern und die für viele Dortmunder noch schmerzhafteren fünf Zähler, die der BVB hinter dem Rivalen aus Gelsenkirchen rangiert, werden langsam auch deshalb zum Problem, weil sie sich natürlich auf die für den Alltag von Fußballteams so wichtige Stimmung auswirken.

Entsprechend fröhlich feierten die Gäste, die von einem überragenden Paar im defensiven Mittelfeld angeführt worden waren. Roman Neustädter und Marco Höger, der das 2:0 erzielte (48.), agierten mit einer perfekten Mischung aus Engagement, Lauffreude und Sachlichkeit, und mit diesem Stil stoppten sie sogar die kurze Dortmunder Euphoriephase nach Robert Lewandowskis Anschlusstreffer (55.).

Torschütze und Außenbahnsprinter

In der 60. Minute waren die 75.000 Dortmunder in der Arena wieder so still wie zuvor, dieses Kunststück gelingt nur ganz wenigen Gästen im Westfalenstadion. Afellay zeigte, dass er nicht nur als Torschütze und Außenbahnsprinter zu gebrauchen ist, der Holländer war an diesem Tag ein Sicherheitsfaktor, der die Partie in den richtigen Momenten zu beruhigen wusste.

Ein besonderes Gefühl der Befriedigung empfinden die Schalker, weil sie endlich mal wieder „gegen große Gegner bestehen“ (Höger) konnten. Dass ihnen der erste Bundesligasieg gegen die Bayern oder den BVB seit fast drei Jahren ausgerechnet mit der freundlichen Unterstützung Jürgen Klopps gelingen würde, das hätte vor diesem Wochenende sicher niemand erwartet.

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