TV-Duell: Obama punktet mit Souveränität

Beim letzten TV-Duell vor der Präsidentschaftswahl in den USA mit Schwerpunkt Außenpolitik hat Obama wie erwartet gepunktet. Romney fuhr einen fahrigen Zick-Zack-Kurs.

So viel? Oder so viel? Barack Obama (r.) hatte an diesem Abend jedenfalls mehr von der Debatte als Mitt Romney. Bild: reuters

WASHINGTON taz | Die teuflische Zahl 47 geht der dritten Debatte voraus. Stunden bevor Barack Obama und Mitt Romney ein letztes Mal zusammen vor die Fernsehnation treten, veröffentlichen Umfrageinstitute, dass die beiden ein Patt von 47 Prozent in der Wählergunst haben. Am Abend empfängt die Präsidentin des Clubs der Demokratischen Frauen die AnhängerInnen des Präsidenten zu einer neuen „Watch-Party“ in Washington.

Bei dieser letzten Debatte soll es um Aussenpolitik gehen. Nuchhi Currier preist Obamas „Erfahrungen in internationalen Beziehungen“. Und muntert ihre Gäste mit einer Information auf, die in der Konzentration auf die beiden Männer beinahe untergeht: „Wir können auch das Repräsentantenhaus gewinnen.“ Jene Kammer des Kongresses, die im Augenblick mehrheitlich in republikanischer Hand ist und beinahe jede politische Entscheidung blockiert.

Auf einem der vergoldeten Stühle in dem großen Raum in dem stuckverzierten alten Washingtoner Haus sitzt Deirdre O'Neill. Die Rechtsassistentin ist ein bisschen „nervös“: wegen Libyen. Und wegen der schwierigen Beziehungen mit Netanjahu, den sie einen „Falken“ und „Cowboy“ nennt. Die Demokratin erinnert sich noch gut an die freudige Erregung vier Jahre zuvor, als Obama gewählt wurde, und von der bei diesem Wahlkampf so wenig übrig geblieben ist. „Obama hat Zeit vergeudet“, sagt sie: „Er war zu konziliant“.

Romney beginnt die Debatte in Boca Raton in Florida dann mit einem generellen Abgesang auf den arabischen Frühling. Der habe „Unordung“ hinterlassen. Als Präsident will er die „anti-amerikanischen Gruppen“ verfolgen, die „Djihadisten“. Die „bösen Jungs killen“, sagt er. Dann fügt er hinzu, dass es mit Töten allein nicht getan sei. Die USA müssten auch Entwicklungshilfe leisten, sowie für Bildung, Geschlechtergleichheit und die „Einhaltung des Gesetzes“ sorgen.

Gratwanderung von Romney

Der republikanische Herausforderer versucht eine Gratwanderung: Er will sagen, dass Präsident Obama in der Außenpolitik versagt habe und dass er „Amerika“ durch „fehlende Führungsstärke und Entschuldigungen“ geschwächt habe. Zugleich will Romney jedoch der Kriegsmüdigkeit gerecht werden und zeigen, dass er eine moderate Außenpolitik plant. In den meisten Punkten läuft das darauf hinaus, dass er eine Außenpolitik ankündigt, die wie eine Blaupause jener von Obama klingt.

Auch wenn das vielfach in krassem Gegensatz zu dem steht, was Romney früher gesagt hat. Er unterstützt jetzt das Kriegsende im Irak – obwohl er es zuvor als „verfrüht“ kritisiert hat. Er will jetzt den Truppenabzug aus Afghanistan im Jahr 2014 einhalten – obwohl er eine Terminankündigung zuvor „falsch“ genannt hat. Er sagt, dass auch er den Krieg in Libyen geführt hätte, obwohl er zuvor meinte, die USA hätten sich direkt nach der Befreiung von Tripolis - und vor der Gefangennahme und Tötung von Gaddafi – aus Liyben zurückziehen soll.

Und selbst gegenüber dem Iran, der eine zentrale Rolle in seiner außenpolitischen Doktrin spielt, schlägt Romney dasselbe Instrument vor wie Obama: Sanktionen. Allerdings „schärfere“. Zusätzlich will er Ahmadinedschad wegen „Genozids“ anklagen. Auch die Drohneneinsätze von Obama findet Romney richtig.

Währungsmanipulierer und Partner gleichermaßen

Zu den Morden im US-Konsulat von Bengasi, die er zuvor als Wahlkampfargument benutzt hat, sagt Romney dieses Mal fast gar nichts. Allerdings versichert er, al Qaida würde erstarken. Und China, auf das er im Wahlkampf vielfach eingedroschen hat, will er zwar als „Währungsmanipulierer“ an den Pranger stellen. Aber zugleich nennt er es einen Partner, wie sein Kontrahent Obama.

Gegenüber Romneys Zick-Zack-Kurs wirkt Obama an diesem Abend souverän. „Präsidial“, sagen seine Anhängerinnen im Club der Demokratischen Frauen. Zuverlässigkeit des Obersten Befehlshabers sei wichtig, betont der Präsident, „sowohl gegenüber unseren Truppen, als auch gegenüber unseren Alliierten“. Er erinnert – wie in jeder Debatte – an den getöteten Osama bin Laden und sagt, al Qaida sei heute schwächer als bei seinem Amtsantritt.

Während Romney den Militäretat aufstocken will – was nicht einmal das Pentagon verlangt – weist Obama darauf hin, dass die US-Militärausgaben weiterhin höher seien als die der zehn folgenden größten Militärmächte. Als Romney kritisiert, die Navy sei geschrumpt, sagt Obama, dass die USA auch „weniger Pferde und Bayonette“ hätten als zur Zeit des Ersten Weltkriegs.

Staat vs. Unternehmen

Und zu Romneys „schweren Waffen“ für die syrische Opposition sagt Obama, er werde weiterhin mit den internationalen Alliierten und den moderaten Kräften in Syrien zusammenarbeiten. Immer wieder fügt der Präsident hinzu, nach mehr als einem Jahrzehnt mit zwei Kriegen gehe es jetzt um „nation building“ zuhause. Um die Ausbildung von zusätzlichen Lehrern, um Arbeitsplätze die zurückgeholt werden müssten. Unter anderem solche, die von Romney als Investor nach China verlagert worden seien. Und um gezielte Förderung von Forschung und neuen Technologieen, darunter erneuerbaren Energien. Dagegen hält Romney, dass der Staat nichts im Unternehmergeschäft zu suchen habe.

Andere außenpolitische Themen kommen gar nicht erst vor: Internationale Klimapolitik? Fehlanzeige. Das Stichwort „Klimawandel“ ist in den insgesamt 270 Minuten der drei präsidenziellen Debatten kein einziges Mal erwähnt worden. Keiner spricht über Europa. Und Deutschland. Frankreich und Großbritannien werden lediglich als Atom- und Militärmächte aufgezählt. „Griechenland“ benutzt Romney lediglich als Drohbild dafür, wohin sich die USA unter Obama angeblich bewegen. Die Nachbarländer Kanada und Mexiko kommen nicht vor. Und Lateinamerika erwähnt Romney lediglich einmal, um mehr Freihandel anzukündigen.

„Er war überwältigend“, sagt O'Neill am Ende der 90 Minuten im Club der Demokratischen Frauen über Obama: „Präzise, kompetent und informiert. Die beste Debatte überhaupt.“ Bis zum Urnengang bleiben noch zwei Wochen. Die Außenpolitik wird dabei wenig Einfluss haben. Im November entscheidet die Frage der mutmaßlichen wirtschaftlichen Kompetenz. Alle Umfragen in diesem Moment zeigen, dass es sehr knapp werden könnte.

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