Kommentar griechische Schulden: EZB darf nicht mal den Euro retten

Niemand kann es mehr hören, aber jetzt stellt sich die systematische Frage: Wie soll diese Dauerhilfe für Griechenland finanziert werden?

Wahrscheinlich will niemand mehr das Wort „Griechenland“ lesen, denn es scheint der ewig gleiche Trott. Defizite, Hilfen, noch mehr Defizite, neue Hilfen, Schuldenschnitt, neue Defizite.

Dennoch wird in diesen Tagen eine entscheidende Zäsur erreicht – und genau deswegen konnten sich die Finanzminister bei ihrem Treffen am Montag nicht einigen. Es wird unübersehbar, dass Griechenland auf Dauer Hilfe braucht, wenn es im Euro bleiben soll. Und damit stellt sich eine systematische Frage, auf die bisher niemand eine Antwort hat: Wie soll diese Dauerhilfe finanziert werden? Der vage Begriff einer „Transferunion“ hilft jedenfalls nicht weiter, wenn es um die ganz konkreten Instrumente geht.

Die radikalste Lösung wäre, einen weiteren Schuldenschnitt zu vereinbaren. Da die griechischen Gläubiger inzwischen vor allem staatliche Stellen sind, würden die Kosten bei den Euroländern und ihren Steuerzahlern hängen bleiben. Konkret würden also die deutschen Staatsschulden steigen, damit die griechischen Staatsschulden sinken.

In der Summe würden die Schulden also gleich bleiben; sie verlagern sich nur. Dennoch könnte dieses Nullsummenspiel den Euro sprengen. Denn nicht nur Griechenland wird einen Schuldenschnitt brauchen. Auch Portugal und Irland stehen in der Warteschlange. Es ist abzusehen, dass die Steuerzahler in den reicheren Euroländern irgendwann aufbegehren.

Viel schlauer wäre es daher gewesen, wenn es der EZB erlaubt wäre, die Schulden Griechenlands zu übernehmen. Auch dies wäre ein Nullsummenspiel – aber es wäre politisch viel weniger brisant. Aber leider ist die EZB ja keine normale Notenbank. Sie darf nichts, noch nicht einmal den Euro retten.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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