Die Wahrheit ist mitversunken

betr.: „Ein herber Prestigeverlust“ (zum Untergang des Öltankers „Prestige“), taz vom 20. 11. 02

In dem Brennpunkt über den Untergang des Öltankers „Prestige“ versank auch (ein Teil) der Wahrheit über Billigflaggentanker. Glaubt man dem Sprecher der Versicherung „German. Lloyd“, gab es bei dem Untergang dieses Tankers mit der Flagge der Bahamas keine Sicherheitsmängel. Da kann doch was nicht stimmen.

Eine Studie des Internationalen Seeleute-Forschungszentrums (SIRC) Cardiff aus dem Jahr 2001 kommt zu dem Schluss, dass internationale Sicherheits- und Sozialstandards auf Billigflaggenschiffen vielfach ohne praktische Bedeutung sind. Mag sein, dass international einheitliche (unzureichende) Standards gelten (zum Beispiel, dass unsichere Einhüllenschiffe noch 16 Jahre die Meere verseuchen dürfen). Wenn jedoch, wie vor allem in Billigflaggenländern, Sicherheitsbescheinigungen ohne jede Inspektion ausgestellt werden, nützen die besten Sicherheitsbestimmungen nichts. In der genannten Untersuchung schneiden 19 der 38 untersuchten Länder mit „ungenügend“ ab – und diese Länder verfügen über zwei Drittel der weltweiten Schiffskapazitäten.

Im Übrigen war sogar Frankreich nach der „Amoco-Cadiz“-Katastrophe 1978 nicht mal in der Lage, ein Memorandum umzusetzen, wonach in jedem Hafen mindestens 25 Prozent aller anlegenden Schiffe technisch überprüft werden müssen. Von 1990 bis 2000 reduzierte Frankreich die Zahl seiner Sicherheitsinspekteure von 900 auf 60! Woran es mangelt, ist also vor allem die Umsetzung der (auch noch unzureichenden) Sicherheitsbestimmungen. BERTRAM PREUSCHHOF, Diemarden

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