„Binnen 45 Minuten einsatzbereit“

Dokumentation: Die einleitende Zusammenfassung des Irakberichts der britischen Regierung

„Unter Saddam Hussein hat Irak chemische und biologische Waffen entwickelt; Raketen erworben, die es ihm ermöglichten, Nachbarländer mit diesen Waffen anzugreifen; und hartnäckig versucht, eine Atombombe zu entwickeln. Saddam hat chemische Waffen sowohl gegen Iran wie auch gegen sein eigenes Volk eingesetzt. Nach dem Golfkrieg musste Irak dies alles zugeben. Und im Waffenstillstand von 1991 stimmte Saddam bedingungslos der Aufgabe seiner Massenvernichtungswaffen zu.

Viele Informationen über Iraks Massenvernichtungswaffen sind bereits öffentlich. Sie weisen klar auf Iraks nach 1991 andauernden Besitz von chemischen und biologischen Stoffen und Waffen, die vor dem Golfkrieg hergestellt wurden. Sie zeigen, dass Irak Gelände wiederhergestellt hat, die früher mit der Herstellung chemischer und biologischer Waffen in Verbindung standen. Und sie zeigen, dass Irak in der Lage bleibt, diese Stoffe herzustellen und Bomben, Geschosse, Artillerie und Raketen zu benutzen, um sie einzusetzen.

Eine unabhängige und gut recherchierte Übersicht dieser öffentlichen Beweislage wurde am 9. September vom Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) vorgelegt. Der IISS-Bericht legte auch nahe, dass Irak innerhalb von Monaten nach der Gewinnung spaltbaren Materials von ausländischen Quellen Atomwaffen bauen könnte.

Neben der öffentlichen Beweislage liegen der Regierung jedoch wichtige zusätzliche Informationen von Geheimdienstquellen vor. Sie zeigen die große Bedeutung, die Saddam Hussein dem Besitz von Massenvernichtungswaffen beimisst. Sie zeigen, dass er sie nicht nur als letztes Mittel ansieht. Er ist bereit, sie einzusetzen, und er ist bestrebt, sie zu behalten.

Die Informationen zeigen auch, dass Irak Pläne vorbereitet, Nachweise dieser Waffen einschließlich inkriminierender Schriftstücke vor erneuten Inspektionen zu verbergen. […]

Irak hat

– weiterhin chemische und biologische Stoffe hergestellt;

– militärische Pläne für den Einsatz chemischer und biologischer Waffen, einschließlich gegen die eigene schiitische Bevölkerung. Manche dieser Waffen sind innerhalb von 45 Minuten eines Einsatzbefehls einsatzbereit;

– Kommando- und Kontrollstrukturen, um chemische und biologische Waffen einzusetzen. Die Befehlsgewalt liegt in letzter Instanz bei Saddam Hussein. (Es gibt Informationen, dass er diese Befehlsgewalt an seinen Sohn Kusai delegiert haben könnte.)

– mobile Labors für militärische Zwecke entwickelt, was frühere Berichte über die mobile Produktion biologischer Kampfstoffe bestätigt;

– illegale Programme verfolgt, um kontrollierte Stoffe für eine mögliche Nutzung in der Herstellung chemischer und biologischer Waffenprogramme zu erwerben;

– heimlich versucht, Technologie und Materialien zu erwerben, die in der Herstellung von Atomwaffen benutzt werden könnten;

– erhebliche Mengen Uran aus Afrika gesucht, obwohl er kein aktives ziviles Atomkraftprogramm dafür hat;

– Spezialisten zurückgeholt, um an seinem Atomprogramm zu arbeiten;

– illegal bis zu 20 Al-Hussein-Raketen mit einer Reichweite von 650 Kilometern behalten, die chemische oder biologische Sprengköpfe tragen können;

– begonnen, seine Al-Samoud-Flüssigbrennstoffrakete zu stationieren, und hat die Abwesenheit von Waffeninspekteuren genutzt, um an der Erweiterung ihrer Reichweite auf mindestens 200 Kilometer zu arbeiten, was jenseits der UN-verfügten Grenze von 150 Kilometern liegt;

– begonnen, die Ababil-100-Festbrennstoffrakete herzustellen und versucht, ihre Reichweite auf mindestens 200 Kilometer zu erweitern;

– eine neue Motorentestanlage zur Entwicklung von Raketen gebaut, die die britischen Militärbasen auf Zypern und von anderen Nato-Mitgliedern (Griechenland und Türkei) erreichen können sowie alle Golfnachbarn des Iraks und Israel;

– illegale Beschaffungsprogramme für Materialien zur illegalen Entwicklung von Langstreckenraketen verfolgt;

– aus früheren UN-Waffeninspektionen gelernt und begonnen, vor der Rückkehr von Inspekteuren sensible Geräte und Schriftstücke zu verstecken.

[…] Aber die Bedrohung aus Irak hängt nicht allein von den beschriebenen Fähigkeiten ab. Sie entstammt auch dem gewalttätigen und aggressiven Wesen von Saddam Husseins Regime. […]“

ÜBERSETZUNG: D.J.

Im Internet: www.open.gov.uk