Aussteigerprogramm für Neonazis: Exit droht das Aus

„Exit“ hat innerhalb von 12 Jahren mehr als 480 Rechtsextremen beim Ausstieg aus der Szene geholfen. Jetzt droht dem Programm das Ende.

Der Ausstieg aus der Neonazi-Szene könnte schwieriger werden, wenn es das Programm „Exit“ nicht mehr gibt. Bild: dpa

BERLIN epd | Das Neonazi-Aussteigerprogramm Exit steht möglicherweise vor dem Aus. Grund ist das Auslaufen der Finanzierung durch das Bundesarbeitsministerium und den Europäischen Sozialfonds (ESF) Ende April, wie der Träger von Exit-Deutschland, das Zentrum für Demokratische Kultur, am Freitag in Berlin mitteilte. Nach eigenen Angaben hat Exit seit dem Jahr 2000 mehr als 480 Personen aus der rechtsextremen Szene herausgeholt.

Exit wurde den Angaben zufolge bislang unter anderem aus Spenden, Zuwendungen von Stiftungen und seit Mai 2009 über ein Xenos-Sonderprogramm des Bundesarbeitsministerium finanziert. Exit umfasst derzeit zwei Vollzeitstellen und mehrere Mitarbeiter auf Honorarbasis.

Insgesamt erhielt das Programm über Xenos rund 560.000 Euro, davon knapp 410.000 Euro ESF-Mittel. Eine Ministeriumssprecherin verwies auf epd-Anfrage darauf, dass es sich dabei um eine Anschubfinanzierung und keine Dauerförderung gehandelt habe. „Mit den Projekten wird vor allem das Ziel verbunden, dass Brücken gebaut werden in reguläre Förderung und bestehende Programme.“

Exit kündigte an, mit dem Auslaufen der Förderung sei ab Mai die unmittelbare Ausstiegshilfe für aktive, oft militante und verurteilte Neonazis sowie für Frauen und Kinder in der erforderlichen Qualität nicht mehr möglich. Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, warnte vor einem Ende der Initiative. Im Gegensatz zu Aussteigerprogrammen mancher Landesämter für Verfassungsschutz sei Exit unter der Leitung des Kriminalisten Bernd Wagner besonders erfolgreich, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Verfassungsschutzämter „komplett gescheitert“

Exit sei es gelungen, vor allem höherrangige Neonazis wie etwa Kameradschaftsführer zum Ausstieg zu bewegen. Im Gegensatz dazu seien die Verfassungsschutzämter damit „komplett gescheitert“: „Wenn Nazis aussteigen wollen, rufen sie doch nicht beim Verfassungsschutz an“, sagte Kahane. Deshalb wäre es „ein großer Verlust“, wenn die Arbeit von Exit nicht wie bisher weitergeführt werden könne.

Auch die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, forderte die Bundesregierung auf, das Aussteigerprogramm weiterhin zu fördern. Exit sei eines der erfolgreichsten Projekte. Im Vergleich dazu habe das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Zeit zwischen 2001 und 2010 lediglich etwas mehr als 100 Aussteiger in seinem Programm gezählt. Mit Blick auf die Verwicklungen des Verfassungsschutzes in den NSU-Skandal betonte Jelpke, zivilgesellschaftliche Organisationen seien bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus weitaus besser geeignet als staatliche.

Kahane verwies weiterhin auf die unsichere Finanzierung aller staatlich geförderten Programme gegen Rechtsextremismus. Bereits im Januar hatte darauf die Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung und die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus in einem Positionspapier zur Bundestagswahl hingewiesen. Danach laufen die Programme des Bundesfamilienministeriums Ende 2013 aus. Bislang gebe es keine konkreten Pläne zu deren Weiterführung.

Das Bundesfamilienministerium wies den Vorwurf zurück. Das Bundesprogramm „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ werde selbstverständlich auch 2014 fortgesetzt, sagte eine Sprecherin dem epd. Dafür stünden 24 Millionen Euro bereit. Zum Jahresende 2013 laufe lediglich die derzeitige Förderperiode ab, „weswegen wir derzeit an der Verlängerung der Förderung arbeiten“. Dazu gehöre auch eine Evaluierung der Projekte, um die „Verlängerungsoption zu prüfen“.

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