Finanzspritze für Printprodukt: Skype-Gründer kauft Gratis-Zeitung

Der IT-Millionär Morten Lund steigt in den dänischen Printmarkt ein - und outet sich als Fan des gedruckten Wortes. Auch der Internetauftritt der gekauften Zeitung dürfte ihn interessieren.

Mit dem Skype hat Morton Lund viel Geld verdient. Für Zeitungen gibt er es jetzt wieder aus. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Ausgerechnet im Print-Sektor und hier im Bereich der Gratistageszeitungen sieht der mit Skype reich gewordene IT-Millionär Morten Lund offenbar die Medienzukunft. Diese Woche kaufte er 51 Prozent Anteile an der dänischen Nyhedsavisen, der derzeit zweitgrössten Tageszeitung des Landes, die frühmorgens gratis in die Briefkästen geliefert wird. Und mit der die isländische Baugur-Gruppe ein Erfolgsrezept nach Europa exportieren will, das auf der Nordatlantikinsel schon seit Jahren funktioniert. Dort ist die seit 2002 in Reykjavik erscheinende Fréttabladid nicht nur ein publizistischer, sondern auch ein finanzieller Erfolg geworden. Die auflagenstärkste Zeitung des Landes, die 70 Prozent aller IsländerInnen täglich lesen und mit welcher der Verlag kräftig Geld verdient.

Die dänische Schwester Nyhedsavisen, im Herbst 2006 gestartet, ist davon weit entfernt. Die Redaktion liefert ein seriöses Produkt, das aber weder Leser noch Werbewirtschaft bislang so recht ins Herz geschlossen haben. Die Attacke aus Island hat zwar den dänischen Zeitungsmarkt kräftig verändert: Drei der fünf meistgelesenen Tageszeitungen sind jetzt Gratisblätter. Doch Nyhedsavisen arbeitet bislang bei weitem nicht kostendeckend, obwohl man das im Vorfeld vollmundig versprochen hatte. In den letzten 15 Monaten nach Branchenschätzungen hat man umgerechnet rund 80 Millionen Euro verloren. Denn Nyhedsavisen musste sich den dänischen Gratismarkt nicht nur mit zwei seit längerem etablierten Pendlerzeitungen, sondern auch zwei Konkurrenzprodukten teilen, welche einheimische Verlage zur Abwehr der isländischen Offensive gestartet hatten. Doch auch vier tägliche Gratisblätter sind offenbar mehr, als der Werbemarkt hergibt.

Das will jetzt ausgerechnet Morten Lund ändern, der seine Millionen mit dem Verkauf der von ihm mitbegründeten IP-Telefonplattform Skype an eBay gemacht hat. Er habe diese Investitionsentscheidung allein deshalb getroffen, weil er sich davon Profit erwarte, schreibt der Däne in seinem Blog http://mortenlund.wordpress.com: "Eine richtige Zeitung - nicht nur vom Reuters-Newsfeed abgeschrieben - mit richtigen Top-Journalisten", schwärmt er. Und ein Blatt, das die richtige Zielgruppe habe, nämlich "die eigentlichen Entscheidungsträger dieser Welt: Frauen, Mütter, Hausfrauen."

"Es werden wieder mehr Zeitungen gelesen. Und ich glaube, dass sich das fortsetzen wird. Aber warum soll jemand dafür Geld bezahlen", fragt Lund. Er wolle jetzt zusammen mit den Machern von Nyhedsavisen beweisen, dass es möglich sei, eine Qualitätstageszeitung nicht nur kostenlos, sondern auch gewinnbringend auf den Markt zu bringen. Und verspricht optimistisch, ein Nullresultat noch in diesem Jahr erreichen zu können. Dass das vor allem mit einer Verdoppelung der Anzeigenpreise erreicht werden soll, kommentieren dänische Medienanalytiker zwiespältig. Zwar könne dies dazu führen, dass der Kannibalismus auf dem dänischen Zeitungsmarkt zu Ende gehe, auf dem derzeit kaum noch ein Verlag Geld verdiene. Doch sollte die Konkurrenz nicht mitziehen, könne das womöglich auch bedeuten, dass sich Nyhedsavisen selbst das Grab gräbt.

Und die Medienkonkurrenz rätselt auch, ob es denn nun positiv oder negativ für Lunds Engagement sei, dass abgesehen vom Profitinteresse offenbar auch ein gut Teil Herzblut dahintersteckt. Als 14-jähriger sei er frühmorgens um 5 Uhr auf den Beinen gewesen, um sich mit Zeitungsaustragen sein erstes Geld für den Kauf neuer Handballschuhe zu verdienen, erzählt der Investor in seinem Blog: "Und jetzt bin ich so etwas wie der Chef von 800 Zeitungsjungen", die ja eigentlich der wirkliche Schlüssel zum Erfolg einer solchen Zeitung seien.

Zumindest teilweise dürfte aber auch Avisen.dk, der gutbesuchte Internetauftritt von Nyhedsavisen, eine Rolle bei der Kaufentscheidung gespielt haben. In der Tageszeitung Jyllands-Posten wird am Freitag Janus Friis, Kazaa- und Skype-Mitbegründer, als möglicher künftiger Partner Morten Lunds bei Nyhedsavisen genannt: Die Internetplattform des Blattes sei nämlich ein interessanter Testmarkt für die vielfältigen Medienprojekte, mit welchen sich die beiden ehemaligen Skype-Macher derzeit sonst noch beschäftigten.

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