Energiewende aus Bürgerhand bedroht: Kleine Projekte werden benachteiligt

Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf für das Kapitalmarktgesetz gefährdet Bürgerenergieprojekte. Die Energiewende wird damit ausgebremst.

Windpark: Bald nur noch von Großinvestoren errichtet? Bild: dpa

FREIBURG taz | Der Energiewende ist von unerwarteter Seite bedroht: Ein neues Kapitalmarktrecht könnte Bürgerenergieprojekte fast unmöglich machen. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, die den Anlegerschutz im Sektor der Investmentfonds verbessern soll. Um diese in nationales Recht umzusetzen, hat die Bundesregierung nun einen Entwurf für ein Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vorgelegt, der allerdings weit über die EU-Vorgaben hinausgeht.

Danach sollen künftig auch für kleine, regionale Beteiligungsprojekte dieselben Anforderungen gelten wie für international tätige Emissionshäuser oder Kreditinstitute.

Eine „existenzelle Gefahr für Bürgerprojekte“ sieht darin der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Damit würde die Energiewende ausgebremst, denn Bürgerprojekte machen heute rund die Hälfte aller Ökokraftwerke aus.

Besonders brisant ist der Plan, „Ein-Objekt-Fonds“ künftig zu unterbinden, sofern diese nicht eine Mindestanlage von 20.000 Euro pro Investor verlangen. Mit einer solchen Pflicht zur Risikostreuung will die Bundesregierung den Anlegerschutz verbessern und zielt dabei etwa auf bundesweit vermarktete Schiffs- oder Immobilienfonds.

Doch kleine, lokale Energieanlagen sind nach dem aktuellen Entwurf auch betroffen, obwohl diese verglichen mit anderen Anlageobjekten eine risikoarme Form der Beteiligung darstellen. Eine Risikostreuung durch mehrere Objekte ist hier zudem oft gar nicht möglich, etwa wenn Bürger eine Solarstromanlage auf ihrem heimischen Kindergarten bauen.

Und die geforderte Mindestanlagesumme widerspricht ohnehin allen Gepflogenheiten von Bürgerprojekten.

Nach dem Gesetzentwurf soll außerdem für alle Projekte eine Eigenkapitalquote von mindestens 40 Prozent vorgeschrieben werden. Damit würde, beklagt der BEE, „ein bewährtes Finanzierungsmodell kaputtgemacht“ – nämlich die Einbindung von KfW-Fördermitteln.

Entwickler verunsichert

Der Gesetzentwurf taugt allein wegen seines Umfangs – 331 Seiten plus 248 Seiten Begründung – zur Verunsicherung von kleinen Projektentwicklern. Entsprechend spricht der Ökostromanbieter Naturstrom von einer „nicht erforderlichen und unverhältnismäßigen Überregulierung eines als relativ sicher einzustufenden Marktes“.

Werde das Gesetz nicht nachgebessert, ergäbe sich „ein erdrückender Wettbewerbsnachteil für die Anbieter kleiner Bürgerbeteiligungsmodelle“, sagt Thomas Banning, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens.

Auch Marcel Keiffenheim, Leiter Energiepolitik bei Greenpeace Energy, fordert daher, dass „kleine geschlossene Fonds aus dem Anwendungsbereich des KAGB ausgenommen“ werden müssen. Auch für Genossenschaften müsse auf die strengen Vorgaben verzichtet werden.

Persönlich bekannt

Aus der Intention des Gesetzes heraus wäre das vertretbar, weil bei Bürgerprojekten Anlagebetrug weniger ein Thema ist als am sonstigen „Grauen Kapitalmarkt“; bei den Bürgerprojekten kennen sich die Investoren und die Akteure oft sogar persönlich.

Die Details des Gesetzes werden nun in den nächsten zwei Monaten im Rahmen der öffentlichen Anhörung noch ausgiebig diskutiert werden, weshalb das Finanzministerium lediglich mitteilt, man könne Fragen zum KAGB „derzeit nicht abschließend beantworten“.

Die Akteure der Energiewende sind aber zuversichtlich, dass noch nachgebessert wird.

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