Biblische Bestattung: Tote tiefgefroren und gerüttelt

Schwedin lässt neue Art des Begrabens patentieren. Friedhofschef begeistert über Platz sparende Methode. Pilotanlage geht Ende 2002 in Betrieb

STOCKHOLM taz ■ „Aus Erde bist du entstanden, zu Erde sollst du werden“ – seit 20 Jahren beschäftigt dieser Bibel-Spruch die schwedische Biologin Susanne Wigh-Mäsak. Sie sucht eine Bestattungsmethode, die „dem Respekt vor dem Leben gerechter wird“ als der immer üblicher gewordene Weg durch die Öfen des Krematoriums in die Urne: „Das widerspricht dem Kreislaufgedanken. Ich wollte etwas entwickeln, das ganz buchstäblich den Gedanken verwirklicht, dass der Tod eben die Voraussetzung für neues Leben ist.“

Ihre öffentlich vorgestellte und seit einiger Zeit patentierte Lösung: gefriergetrocknet und vibriert. Was auf den ersten Blick gar nicht biblisch klingt, scheint sich bei näherem Hinsehen tatsächlich als eine ebenso umweltfreundliche, Platz sparende wie dem Lebenszyklus höchsten Respekt zollende Methode herauszustellen. Die technischen Details: Der Körper des Verstorbenen wird in ein Bad aus flüssigem Stickstoff getaucht und erkaltet darin zu spröder Härte. In einer Rüttelanlage leicht durchvibriert zerfällt er aufgrund des Eigengewichts in kleinste Bestandteile. Nach der Trocknung passt alles in einen Minisarg. „Das ist eine sanfte Methode“, so Wigh-Mäsak, „weit weniger gewaltsam als das Verbrennen in einem Krematorium. Außerdem wird der Erde dann viel schneller zurückgegeben, was ihr gehört.“

So schnell geht die organische Umwandlung vor sich, dass der aus leicht verrottbarem Material hergestellte Minisarg mit seinem Inhalt aus trockenem Pulver nur in einer Tiefe von 30 cm bestattet werden muss. Was Wigh-Mäsak schätzt, weil der Tote so der oberen Humusschicht zugute kommt.

Die Friedhofsverwaltungen interessierten sich schnell wegen des geringeren Grabeaufwands, des niedrigeren Platzbedarfs und der höheren Umlaufgeschwindigkeit für Susanna Wigh-Mäsaks Erfindung. Nachdem man seit Sommer vergangenen Jahres darüber debattiert hat, soll die weltweit erste Pilotanlage bis zum Jahreswechsel im südschwedischen Jönköping betriebsbereit stehen. Das vorhandene Krematorium soll dazu entsprechend umgebaut werden. Göran Rundqvist, Chef der dortigen Friedhofsverwaltung: „Zunächst ist man ja skeptisch, wenn man das hört. Doch wir haben bald gemerkt, dass das nur Vorteile bringt.“ Nach seiner Aussage hat es auch bei vielen Kirchengemeinden bereits ein positives Echo gegeben. Da es auch keiner Gesetzesänderung bedürfe, erwartet Rundqvist eine schnelle Ausbreitung der neuen Bestattungsart. Falls genügend Interesse besteht und wenn die Gefriertrocknungsmethode in der Praxis wirklich das hält, was die Theorie verspricht. Wigh-Mäsak: „Ich wäre damit nicht an die Öffentlichkeit gegangen, wenn ich die geringsten Zweifel hätte.“

REINHARD WOLFF