Christian Ströbele ist Abopate : Soziale Hemmschwellen überwinden

Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele unterstützt das Zentrum „Gitschiner 15“ mit persönlichem Einsatz – und der taz.

Bild: Martin Dziuba

„Die soziale Wende“ zu schaffen ist dem 74-jährigen Mitbegründer der taz Hans-Christian Ströbele nicht nur politisch ein Anliegen. Ströbele kandidiert zum sechsten Mal für den Bundestag und ist bei den kommenden Wahlen erneut Direktkandidat der Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg.

Der Rechtsanwalt aus Sachsen-Anhalt weiß, dass ein Tageszeitungsabonnement den Blick für eigene Bürgerrechte schärfen kann. „Weil Obdachlose auch Künstler sind“, setzt sich Ströbele als ehrenamtlicher Botschafter für Gitschiner 15, ein Kreuzberger Gemeinde- und Nachbarschaftszentrum gegen Armut und soziale Ausgrenzung ein. Nicht nur als Abopate, sondern auch als Pate mit jährlichen Spenden für das Berlin-Kreuzberger Projekt ist es ihm ein Anliegen, dass das Gestalten von Kunst ohne soziale Ausgrenzung auch für Wohnungs- und Erwerbslose möglich ist.

Künstlerisches Miteinander ohne soziale Ausgrenzung

Jahrgang 1939, ist ein deutscher Rechtsanwalt und Politiker der Partei Bündnis 90/Die Grünen.

 

Er war von 2002 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und ist das dienstälteste Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) des Deutschen Bundestages zur Kontrolle der Geheimdienste.

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Geld allein macht nicht glücklich, doch ganz ohne finanzielle Mittel lebt es sich auch nicht leicht. Um die Würde und Selbstachtung obdachloser Menschen zu stärken, wurde in einer mehrstöckigen, ehemaligen Kerzenfabrik in der Gitschiner Straße 15 ein „Zentrum für Gesundheit und Kultur gegen Ausgrenzung und Armut“ gegründet.

Das Zentrum Gitschiner 15, ein gelber Backsteinbau an einer vierspurigen Straße in Kreuzberg, wird durch zahlreiche SpenderInnen und bürgerschaftliches Engagement getragen. In einem Ort der Begegnung gemeinschaftliches Miteinander zu erleben und eigene Talente zu entdecken, kann Reichtum bedeuten.

Seit nunmehr zwölf Jahren bietet Gitschiner 15 in einer Art Volkshochschule kreative Erlebnisräume für Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen. Soziale Hemmschwellen werden aktiv überwunden. Neben psychisch Erkrankten oder Alkoholkranken sind auch Gäste ohne Armutserfahrung oder mit kleiner Rente willkommen. Alkoholgenuss ist in den Räumlichkeiten nicht gestattet.

Es werden wöchentlich Trommelkurse, ein Gospelchor, eine soziale Beratung, eine Gesundheitsberatung und ein Computerkurs angeboten. Malen, zeichnen, im Chor singen, Musizieren, Fahrräder reparieren, Schreinern – die Gäste bestimmen mit ihren Wünschen das vielfältige Angebot.

Obdachlose entdecken eigene kreative Talente

Tägliche Möglichkeiten der Horizonterweiterung bieten Kurse in einem Musikraum oder einer Malerwerkstatt in der Kreativ-Etage im zweiten Stock. Die Ergebnisse sind für die BesucherInnen oft auch Erfolgserlebnisse. Der Laienchor „Different Voices of Berlin“ probt regelmäßig in den Räumlichkeiten des Gitschiner 15. Bei Konzerten unterstützt ihn oft die bekannte US-amerikanische Sängerin Jocelyn B. Smith, die unter anderem der Titelmelodie von Walt Disneys „The Lion King“ ihre Stimme verlieh.

„Kunst trotz(t) Armut“ lautete das Motto einer Gruppenausstellung, die Werke von KünstlerInnen und Gitschiner 15-BesucherInnen in Kirchen und öffentlichen Räumen zeigte. Nicht nur Firmen oder Privatleute, die wie Ströbele durch Spenden eine jährliche Patenschaft für das Haus übernehmen, erhalten Gemälde als Gegenleistung. Künstlerische Arbeiten der Zentrumsgäste werden auch in einem handlichen Kunst-Postkarten-Projekt gesammelt. So sind stimmungsvolle Bilder von heulenden Wölfen oder Dromedaren für eine Spende von nur einem Euro als Postkarten erwerbbar. Ehrenamtliche und ehemals Arbeitslose unterstützen BesucherInnen als Anleiter.

Der lange Weg eines integrativen Sozialprojekts

Bereits 1990 baute die evangelische Kirchengemeinde Heilig-Kreuz Passion ein vielfältiges Projektnetz der Obdachlosenhilfe auf. Pfarrer Dr. Joachim Ritzkowsky (1937-2003) begründete mit viel Engagement die Obdachlosenarbeit der Kirchengemeinde und leitete diese viele Jahre lang an. 2001 veröffentlichte er sein Buch „Die Spinne auf der Haut“ mit eigenen Eindrücken über das Leben und die Arbeit mit Obdachlosen. Es erschien im Berliner Alektor-Verlag und kann für 7 Euro über die Obdachlosenarbeit der Kirchengemeinde Heilig-Kreuz Passion bezogen werden.

Ansgar Skoda