Geschlechtsumwandlung gegen Terror

In Berlin modifiziert der US-Politologe Samuel Huntington seine These vom drohenden „Kampf der Kulturen“. Er bescheinigt Ussama Bin Laden die bessere Werbung und mahnt eine neue Nahostpolitik der Vereinigten Staaten an

BERLIN taz ■ Was sollen die USA mit Ussama Bin Laden machen, wenn sie seiner habhaft werden? Wenn sie ihn töten, besteht die Gefahr, dass sie ihn damit zum Märtyrer machen. Und wenn sie ihn gefangen nehmen, dann könnte es sein, dass seine Anhänger zum Mittel der Geiselnahme greifen, um ihr Idol freizupressen. Was also wäre die sinnvollste Lösung?

„Ich würde vorschlagen“, meint Samuel Huntington, „ihn einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen. Anschließend sollte man ihn zwingen, sein weiteres Leben als Frau in Afghanistan zu fristen, unter dem Regime der Taliban.“

Der Professor beliebt zu scherzen. 1996 veröffentlichte der Harvard-Politologe sein Traktat vom drohenden „Clash of Civilizations“, dessen Titel auch in der aktuellen Debatte wieder als Schlagwort mitschwingt. Dabei hat Huntington selbst stets erklärt, dass es sich bei dem Konflikt nicht um einen Kampf der Kulturen handele: „Ussama Bin Laden versucht, einen Krieg zwischen der islamischen Welt und dem Westen heraufzubeschwören. Dabei repräsentiert er nur eine Splittergruppe. Und seine Partner, die Taliban, wurden schon vor dem 11. September nur von 3 der 56 muslimischen Staaten anerkannt.“

Am Montag war der Politologe zu Gast in Berlin, geladen zur Jahrestagung des Public-Relations-Verbands Ipra. Das Thema der Tagung lautete „Managing Cultural Diversity“. Denn der Umgang mit lokalen Eigenarten will von global agierenden Unternehmen geübt sein: Das richtige Fingespitzengefühl entscheidet, ob es gelingt, die eigene Botschaft weltweit an den Mann zu bringen. Das müssen auch die USA wissen, die im Begriff seien, den PR-Krieg gegen Ussama Bin Laden zu verlieren, so Huntington. „Sein Auftreten war bisher überzeugender“, bedauerte er.

„Viele Menschen in der Region leiden unter dem Gefühl, vom Westen gedemütigt zu werden. Darauf gilt es eine längerfristige Antwort zu finden.“ Nun wissen PR-Strategen, dass auch die beste Werbung ein schlechtes Produkt nicht schönzureden vermag. In diesem Sinne mahnte Samuel Huntington einen Kurswechsel in der US-Nahostpolitik an.

Kurzfristig müsse die US-Regierung auf den israelisch-palästinensischen Konflikt einwirken. „Ich bin hoch erfreut, zu sehen, dass nun Bewegung in die Sache gekommen ist.“ Die Bombardierung Afghanistans hält er dennoch „im Prinzip“ für richtig – auch wenn sie eigentlich kein praktikables Mittel sei, um den Terrorismus zu bekämpfen. BAX