Der Mäusetunnel

... heißt der 160 Meter lange Fußgängertunnel, der die U-Bahn-Linien U2 und U6 in Berlin Stadtmitte verbindet. An seiner Engstelle in der Mitte standen früher die Straßenmusiker. Der Tunnel funktionierte wie ein natürlicher Verstärker und war wegen seiner guten Akkustik bei den Musikanten beliebt. Allerdings löst diese „Mausefalle“ bei den Passanten eine Art Fluchtinstinkt aus, jeder hastet durch den Tunnel, so schnell er kann. Die Musiker sind deshalb mittlerweile auf das Treppenpodest vor der U2 umgezogen.

Am 1. Oktober 1908 wurde die Linie A (U2) von der Hochbahngesellschaft eröffnet. Das Konkurrenzunternehmen der Stadt Berlin begann erst am 2. Dezember 1912 mit dem Bau einer eigenen U-Bahn-Strecke, der Nord-Süd-Bahn vom Wedding zum Halleschen Tor, der Linie C (U6). Der Erste Weltkrieg unterbrach die Bauarbeiten. Am 30. Januar 1923 wurde die Linie C eröffnet. Aus „Hochbahngesellschaft“ und „Stadt Berlin“ wurden Partner. Um die Umsteigesituation am Schnittpunkt der Linien zu verbessern, wurde ein Fußgängertunnel gebaut: der Mäusetunnel.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der U-Bahnhof Stadtmitte erheblich beschädigt, was vermutlich auch an seiner Nähe zum Regierungsviertel lag. Erst Anfang der Fünfzigerjahre waren die letzten zerstörten Baulichkeiten dort wiederhergestellt, doch nun kam der Kalte Krieg ins Spiel.

Die Linie A gehörte zum Ostteil der Stadt, die Linie C dagegen wurde mit Westzügen betrieben, die durch den Ostteil fuhren, nach dem Mauerbau ohne dort zu halten. Dass sie betont langsam fuhren, lag nicht an den Anordnungen des DDR-Grenzregimes, sondern drückte den Protest der West-BVG aus. Nach der Wiedervereinigung wurde am 1. Juli 1990 der C-Linien-Bahnhof neu eröffnet.

Die Straßenmusikanten kommen aus Osteuropa mit einem Visum für zwei Monate. Sie arbeiten oft zwölf Stunden lang. Mit Beifall und Erfolg können sie nicht rechnen. Dennoch gelang etwa dem Bajanspieler Alexander Danko aus Rostow am Don an der Seite des Klezmermusikers Harry Timmermann vor zwei Jahren der Aufstieg zum Konzertkünstler. M. NOWAK