Ethnische Konflikte in China: Peking sieht Terroristen am Werk

In der Provinz Xinjiang kommt es zu Zusammenstößen zwischen Uiguren und chinesischen Behörden. Es sind die heftigsten Vorfälle seit 2009.

Mitglieder einer uigurischen Bürgerwehr patroullieren im Februar 2012 durch die Straßen der Stadt Yecheng. Bild: dapd

PEKING taz | Das unterscheidet Barack Obama von den chinesischen Behörden: Während der US-Präsident nach dem Anschlag in Boston um Besonnenheit bemüht ist und erst nach ausführlicher Prüfung der Lage von einem „Akt des Terrors“ spricht, ist für die chinesischen Sicherheitsbehörden bei den jüngsten Zusammenstößen in Chinas Nordwestprovinz Xinjiang von vornherein klar: Das ist „Terrorismus“.

Wie mehrere chinesische Staatsmedien berichten, ist es am Dienstag in dem Bezirk Bachu nahe der Stadt Kashgar zu schweren Zusammenstößen gekommen. Xinhua berichtet von mindestens 21 Toten, 15 von ihnen seien Polizisten und Vertreter der örtlichen Behörden. Die anderen 6 gehörten zu den „Angreifern“.

In der Provinz Xinjiang kommt es immer wieder zu Unruhen zwischen den muslimischen Uiguren und der Bevölkerungsmehrheit der Han-Chinesen. Viele Uiguren betrachten die Chinesen als Besatzer. Peking wirft den Uiguren Separatismus vor.

Was sich am Dienstag in Bachu genau abgespielt hat, ist unklar. Die pekingtreuen Behörden behaupten, bei einer Routinekontrolle in einem Wohnhaus sei drei Sozialarbeitern eine Gruppe von jungen Männern verdächtig vorgekommen. Als die Sozialarbeiter das Haus betreten wollten, hätten die Männer sie und nachrückende Sicherheitskräfte mit Messern angegriffen und getötet. Als schwer bewaffnete Einheiten eintrafen, stand das Gebäude in Flammen. Die Polizei nahm daraufhin acht Personen fest. Xinjiangs Provinzregierung sprach am Mittwoch von einer „terroristischen Bande“, die Anschläge geplant habe.

Die Berichte der uigurischen Seite klingen ganz anders. Augenzeugen berichten von „willkürlichen Razzien“, die chinesische Behörden zur Einschüchterung der uigurischen Bevölkerung immer wieder durchführen würden. Die Polizei habe die Messerattacke provoziert, indem sie bei der Razzia auf einen Jugendlichen schoss. Erst das habe die Wut ausgelöst.

Dilxat Raxit, Sprecher des Weltkongresses des Uiguren mit Sitz in München, sagte, die Repressionen gegen Uiguren hätten vor allem in der Gegend um Kashgar in der letzten Zeit massiv zugenommen. Raxit bestritt, dass die in den Vorfall verwickelten Uiguren einer Terrororganisation angehören. „Die Behörden benutzen immer solche Kategorien, um den Einsatz von Waffen zu rechtfertigen.“

So heftige Auseinandersetzungen wie den Vorfall am Dienstag hat es in Xinjiang seit 2009 nicht mehr gegeben. Damals lieferten sich Uiguren und Han-Chinesen tagelange Straßenschlachten, fast 200 Menschen kamen ums Leben. Uiguren berichten, dass es in allen Teilen der Provinz seitdem immer wieder zu willkürlichen Festnahmen kommt. Erst im März nahmen chinesische Sicherheitskräfte 20 Uiguren fest mit der Begründung, sie hätten terroristische Anschläge geplant.

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