Geist oder Gene

Freie Universität verweigert psychiatriekritischem Kongress Räume. Verwaltungsgericht entscheidet heute

Vom 29. Juni bis 1. Juli soll an der Freien Universität (FU) unter dem Titel „Freedom of Thought“ eine hochkarätig besetzte internationale Konferenz stattfinden. Auf der unter anderem von dem Politologen Wolf-Dieter Narr, dem FU-AStA und psychiatriekritischen Gruppen aus Israel und Deutschland organisierten Veranstaltung soll das Russell-Tribunal zur Frage der Menschenrechte in der Psychiatrie tagen. Das Symposium soll sich unter dem Titel „Geist gegen Gene“ kritisch mit dem Versuch befassen, abweichendes Verhalten von Menschen genetisch vorhersagen und behandeln zu wollen. Auch der zeitgleich im Berliner ICC tagende siebte Weltkongress für Biologische Psychiatrie soll auf der Konferenz kritisch beleuchtet werden.

Zu kritisch – findet die Verwaltung der FU. Die will die Konferenz, für die seit Monaten sowohl auf Plakaten als auch im Internet geworben wird, nicht auf dem Campus tagen lassen.

Zunächst sah das ganze wie ein Missverständnis aus. Die Räume seien schon anderweitig vergeben, teilte die Univerwaltung dem Kongressanmelder Narr im April mit. Die hatte er sich aber schon Wochen zuvor reservieren lassen. Nachdem es zu keinem Einvernehmen über Ersatzräume gekommen war, sollte die Unileitung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung zur Herausgabe der Räume veranlasst werden. Doch dann brachte die Unileitung politische Argumente ins Spiel. Der Anmelder sei ein „Strohmann“ für psychiatriekritische Gruppen. Es handele sich um „eine politische Veranstaltung des Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg e.V., gerichtet gegen den internationalen Kongress „Biologische Psychiatrie“ im ICC, heißt es in einem Schreiben der Unianwälte. Auch eine im Rahmen des Kongresses geplante Campustour zu den gentechnischen Einrichtungen an der FU moniert die Univerwaltung.

Heftige Kritik an der Haltung der Unileitung übt Vanessa Lux vom FU-AStA. Mit Verweis auf den im letzten Jahr neu eingerichteten Studiengang Bioinformatik meint sie sarkastisch: „Statt Geist gegen Gene ist Gene gegen Geist an der FU unipolitisches Programm.“ Heute wird das Berliner Verwaltungsgericht über die einstweilige Verfügung entscheiden. PETER NOWAK

Informationen über den Kongress unter: www.freedom-of-thought.de