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: Brauner Splatter

„Der Satansmord – Tod eines Schülers(Do, ARD)

Im thüringischen Sondershausen wird am 29. 4. 1993 der 15-jährige Sandro Beyer von zwei Mitschülern stranguliert. Die Täter frönen dem Satanskult, schauen Splatterfilme, sitzen nachts auf dem Friedhof. Ihre Weltanschauung tragen sie mit Pentagrammen auf T-Shirts zur Schau. Ständige Beschäftigung mit satanistischem Gedankengut und Tötungsdarstellungen in Filmen habe Hemmschwellen herabgesetzt, befindet dementsprechend Richter Jürgen Schuppner.

Ulrike Baurs Dokumentarfilm ist alles andere als eine rührselige Geschichte über ein x-beliebiges Gewaltverbrechen. Die Autorin zeichnet akribisch die Verquickung einer jugendlichen Satanismusszene und eines dumpf-braunem Sumpfs nach. Sie analysiert, was beiden Szenen gemein ist; warum diese jungen Männer derart leicht zu vereinnahmen sind.

Der Film in der ARD-Reihe „Die großen Kriminalfälle“ belegt nachvollziehbar, welche Geisteshaltung hinter der skrupellosen Mordtat steht. Um die Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ sei es gegangen – eine Gesinnung, der deutlich ein geschlossenes rechtes Weltbild zugrunde liegt. Die Autorin argumentiert sauber politisch. Mit Präzision rollt sie die Geschichte des Hendrik Möbus auf, der heute beim Führer der „National Alliance“, William Pierce, untergetaucht ist – jenem braunen Scharfmacher, der von den USA aus die Fäden zieht. Baur weist nach, dass hier kein schlichtes jugendkulturelles Phänomen eine Rolle spielt, dem etwa irregeleitete Jugendliche der Unterschicht zum Opfer fallen. Beweis: Möbius, Sohn eines CDU-Abgeordneten, der – wie seine Mittäter – aus gesicherten Verhältnissen kommt, schreibt Klartext: Für den Mord habe „das Motto der Waffen-SS“ gegolten: „Den Tod geben, den Tod empfangen“.

Der Film unterscheidet sich maßgeblich von jenen sozialpädagogisch lamentierenden Fernsehsendungen, die dem fatalen Irrtum anheim fallen, Rechtsradikalismus und Jugendgewalt mit Arbeitslosigkeit und fehlender Zukunftsperspektive erklären zu wollen. Dokumentiert wurden Verdrängungsleistungen des direkten Umfeldes als auch verfehlter Zweckoptimismus von Experten.

GITTA DÜPERTHAL