Streit um Comic-Austellung in Essen: Uni zeigt Studentin an

Eine muslimische Studentin beschädigt ein Ausstellungs-Exponat – offenbar aus Hass auf Israel. Jetzt muss sie sich wegen Sachbeschädigung verantworten.

Die herausgeschnittene Szene: Eine Friedens-Demo in Israel. Aus dem Buch von Rutu Modan: „Blutspuren“, Seite 140. Bild: Edition Moderne

KÖLN taz | Im Streit über den Abbruch einer Comic-Ausstellung an der Universität Duisburg-Essen hat die Hochschulleitung am Mittwoch Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gegen eine Studentin gestellt. Die junge Frau war eigenmächtig gegen zwei Exponate der Schau vorgegangen. Einen vom Rektorat anberaumten Anhörungstermin ließ sie ungenutzt verstreichen. „Wer sich an den hart erkämpften Grundrechten wie der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit vergreift, hat bei uns mit ernsten Konsequenzen zu rechnen“, sagte Uni-Rektor Ulrich Radtke.

Auslöser des Streits ist die kleine Präsentation „What Comics can do! – Recent Trends in Graphic Fiction“, die seit dem 23. Mai im Foyer der Uni-Bibliothek zu sehen war. Gezeigt wurden Plakate, auf denen Studierende eines Anglistikseminars anhand ausgewählter Sequenzen Erzähltechniken und Inhalte von zwölf Graphic Novels erläuterten. Darunter befanden sich auch Collagen mit verschiedenen Motiven aus dem Orient-Comic „Habibi“ des US-Künstlers Craig Thompsons sowie aus „Exit Wounds“ der israelischen Zeichnerin und Illustratorin Rutu Modan.

Nachdem sich bereits einige streng religiöse muslimische Studierende beschwert hatten, das „Habibi“-Plakat verletze ihre religiösen Gefühle, schritt Mitte Juni eine Studentin zur Selbsthilfe: Zuerst hängte sie am 17. Juni das Poster, auf dem neben einer Vergewaltigungsszene das Wort „Allah“ in arabischer Kalligrafie montiert war, eigenmächtig ab. Genau eine Woche später ging die Muslimin gegen die „Exit Wounds“-Collage vor. Mit einer Schere schnitt sie einen arabischen Schriftzug aus dem Poster heraus und übergab den Torso der Bibliotheksleitung. Daraufhin wurde die Schau, die eigentlich noch bis Ende Juli laufen sollte, überstürzt abgebrochen. Auch die Internetseite zur Ausstellung wurde umgehend gelöscht.

Zunächst hatte der geschäftsführende Direktor des Instituts für Anglophone Studien, Christoph Heyl, die Entscheidung damit begründet, eine „teilzensierte Ausstellung hätte als Eingeständnis einer Schuld gewertet werden können, was auf jeden Fall vermieden werden sollte“. In einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung der Hochschule heißt es nun, die Ausstellung sei „nur deshalb abgehängt“ worden, „ weil Universitätsmitarbeiter und UB-Besucher zu schützen waren“.

Herausgeschnitten: „Beendet die Besatzung!“

Was die angehende Gesellschaftswissenschaftlerin an Rutu Modans mehrfach preisgekrönter Graphic Novel, die 2008 unter dem Titel „Blutspuren“ auf Deutsch erschien (Edition Moderne, Zürich), derart in Wallung versetzte, ist bislang unklar. Auf dem fraglichen Bild sind FriedensdemonstrantInnen zu sehen, die ihre Taschen packen. Auf ihren Schildern steht in drei Sprachen, in Englisch, Hebräisch und Arabisch: „Beendet die Besatzung!“ Die arabische Formulierung hat die Frau herausgeschnitten – möglicherweise, weil sie nichts Arabisches im von ihr feindlich wahrgenommenen israelischen Alltag dulden möchte.

Als Reaktion auf den Vorfall soll nun ein wissenschaftliches Kolloquium zum Thema „Hochschule und Meinungsfreiheit“ organisiert werden. Die abgebrochene Ausstellung bleibt hingegen unter Verschluss. „Die Ausstellung wird nicht mehr gezeigt“, sagt Uni-Sprecherin Beate Kostka.

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