Ein Film über Unterwasserarchäologie: An den Pforten des Totenreichs

Der Film „Verborgene Welten 3D – Die Höhlen der Toten“ zeigt, wie Kieler Unterwasserarchäologen in gefluteten Höhlen das Leben der Maya in Mexiko erforschen.

Auf der Suche nach den Hinterlassenschaften der Maya: Kieler Unterwasserarchälogen in einer der Höhlen der Halbinsel Yucatan. Bild: KSM

Wie knöchrige Finger ragen die mächtigen Wurzeln der Bäume in die geflutete Höhle hinein und werfen im Scheinwerferlicht der Taucher Schatten an die Kalksteinwände. Nur schmale Streifen von Sonnenlicht fallen durch das Einstiegsloch in die geheimnisvolle Unterwasserwelt. Mit solchen starken Bildern führt der Kinofilm „Verborgene Welten 3D – Die Höhlen der Toten“ den Zuschauer in die Welt der Cenoten.

Über 10.000 dieser Höhlen gibt es im Dschungel der mexikanischen Halbinsel Yucatan. „Die Maya verehrten die Höhlen als Tore zum Reich der Toten. Gleichzeitig versorgten sie daraus ihre Siedlungen mit Trinkwasser“, sagt Florian Huber von der Uni Kiel. Der Unterwasserarchäologe erkundete die Höhlen zusammen mit seinen Kollegen Uli Kunz, Christian Howe und Robert Lehmann über vier Jahre lang.

Bei ihrer letzten Expedition begleitete ein Filmteam um Regisseur Norbert Vander die Arbeit der Wissenschaftler. Mit 3-D-Kameras filmten die Forscher ihre Tauchgänge und Entdeckungen in Tiefen von bis zu 100 Metern. Tonkrüge, Götzenbilder und Überreste von Menschenopfern zeugen dort unten von den teils blutigen Versuchen der Maya, ihre Götter bei Laune zu halten.

Die Maya lebten etwa zwischen 3.000 vor Christus und dem neunten Jahrhundert in der Region. Andere Funde sind sogar noch deutlich älter. So entdeckte man in den Höhlen auch steinzeitliche Lagerplätze und Überreste von Urzeittieren wie dem Mastodon. Während der letzten Eiszeit waren die Höhlen noch trockene Rückzugsorte für Menschen und Tiere. Erst der steigende Meeresspiegel nach der Schneeschmelze verschluckte ihre Lagerstätten.

„Für uns Unterwasserarchäologen gehören die Cenoten sicherlich zu den spannendsten Orten der Welt. An dieser Faszination wollten wir auch die Zuschauer teilhaben lassen“, sagt Huber. Der Film lebt von den Bildern einer befremdlich wirkenden Welt. Mit sanften Flossenschläge schwebt Florian Huber vor einem Tongefäß auf und ab, das aussieht als hätte man es gerade erst ins Wasser geworfen. Abgeschlossen vom Luftsauerstoff sind die Funde vor dem Zerfall geschützt. Immer wieder fällt der Blick der Kamera auf fast vollständige Menschenskelette und gut erhaltene Unterkiefer von Urzeittieren.

In einer Höhle stießen Huber und seine Kollegen auf die Überreste von mehr als 100 Menschen. Wie alt sie sind und wie sie dort hinkamen, darüber kann nur spekuliert werden. Ihre Untersuchung ist nämlich gar nicht so einfach. An die Oberfläche gebracht werden können die Funde nicht. Nach Tausenden von Jahren im Wasser würden sie an der frischen Luft geradezu zerfallen, und eine fachmännische Restauration wäre zu teuer. Also bleibt den Forschungstauchern nichts anders über, als die Funde aus allen Richtungen zu fotografieren, sich Notizen zu machen und Proben fürs Labor zu nehmen.

Mit der historischen Einordnung dieser Arbeiten hält sich der Film allerdings nicht lange auf: Er inszeniert lieber die Tauchgänge in das Totenreich als eine Arbeit für echte Profis. Den Großteil der 90 Minuten sieht man die vier Forscher unter Wasser und erfährt viel über die Beschwerlichkeiten des Tauchens in den Höhlen. Manche Durchgänge dort unten sind kaum breit genug für einen Menschen und in den oft kilometerweiten Gängen verliert man ohne Markierungen schnell die Orientierung. „Bei Problemen kann man nicht einfach auftauchen. Wer eine Stunde in eine Höhle hinein schwimmt, braucht auch eine Stunde wieder raus“, sagt Huber.

Alle wichtigen Geräte wie Atemregler, die Flaschen mit speziellen Gasmischungen und Taschenlampen werden in doppelter Ausführung mitgenommen. Huber: „Wir sind keine lebensmüden Abenteurer, sondern Wissenschaftler. Bei uns wird jeder Tauchgang akribisch geplant.“

Im Film kommt allerdings die Wissenschaft gegenüber dem Tauchen zu kurz. Nur wenig erfährt man über die archäologischen Erkenntnisse aus den Cenoten. Beispielsweise fand man in den Cenoten Hinweise auf die erste Besiedlung Amerikas. Ein Kinderskelett wurde auf ein Alter von 10.000 Jahren datiert und eine Feuerstelle auf 8.500 Jahre.

„Bisher ging man davon aus, dass die Maya die ersten Bewohner der Halbinsel waren“, sagt Huber. Auch neue Erkenntnisse über das Aussterben großer Säugetiere in Lateinamerika erhofft man sich von Funden aus den Cenoten. Bisher ist nicht klar, ob Riesenfaultiere und Urzeitelefanten durch den Klimawandel oder durch Jagd verschwanden. Wie viele Überraschungen noch in den Cenoten auf die Forscher warten, ist schwer zu sagen. In die meisten der Höhlen hat noch kein Taucher seine Flossen hineingesetzt.

„Verborgene Welten 3D – Die Höhlen der Toten“: bundesweiter Kinostart am 15. August
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