USA exportieren Privat-Gefängnisse: Billiger wird es nicht

Auf die Privatiserung des Strafvollzugs spezialisierte US-Unternehmen expandieren weltweit. Immer mehr Staaten setzen auf Privatknäste.

Der privatisierte Strafvollzug ist kein Sparmodell. Bild: dpa

WASHINGTON ips | Die Privatisierung des US-amerikanischen Strafvollzugssystems macht zunehmend in anderen Ländern Schule. Wie aus einem neuen Bericht (pdf-Datei) der Gefangenenhilfsorganisation „Sentencing Project" in Washington hervorgeht, wird das umstrittene Experiment inzwischen in einem Dutzend Staaten praktiziert.

Seit der Stagnation der Häftlingszahlen sind US-amerikanische Gefängnisbetreiberkonzerne dazu übergegangen, ihr Know-how in andere Länder zu exportieren. Dieser Trend wird sich angesichts der jüngsten Pläne Washingtons, für eine Verringerung der Häftlingszahlen zu sorgen, weiter verstärken.

Wie aus dem Bericht „International Growth Trends in Prison Privatization“ hervorgeht, kamen 14 Prozent der Einnahmen der Geo Group, des zweitgrößten US-Gefängnisbetreibers, im Geschäftsjahr 2012 aus ausländischen Quellen.

Von der zunehmenden Privatisierung profitieren auch britische Unternehmen wie das G4S oder Serco, das mit der Justizvollzugsanstalt Hünfeld die erste teilprivatisierte Haftanstalt Deutschlands betreibt.

Zusagen nicht eingehalten

Alle diese Firmen hatten von der Gefängnisprivatisierungswelle in den USA profitiert. Betroffen waren Strafvollzugsanstalten ebenso wie Haftzentren für Migranten. Doch dem Bericht zufolge hat sich herausgestellt, dass die privaten Betreiber bei den zugesagten Dienstleistungen oftmals nicht halten, was sie versprechen.

Private Betreiber wie die „Corrections Corporation of America“ (CCA) werben damit, preiswert und effektiv zu sein. CCA gehört zu den Gründern des in den 1980er Jahren entstandenen Sektors. Der CCA ist derzeit für 80.000 Häftlinge in 60 Strafanstalten zuständig, von denen er 40 besitzt.

Privatgefängnisse sind teurer

Doch in den USA stellen Menschenrechtsorganisation und Bundesstaaten das Argument der Kosteneffizienz zunehmend in Frage. So fand die Aufsichtsbehörde von Arizona 2010 heraus, dass die Privatgefängnisse 16 Prozent teurer kommen als die öffentlichen Einrichtungen.

Im letzten Monat hatten Computer-Hacker der „Anonymous Analytics“ in ihrem Bericht „Corrections Corporation of America: The Dismantling of a National Discrace“ vorgerechnet, dass sich Investitionen in die Firmen nicht länger auszahlen.

Zu den Ländern, die derzeit ihre Gefängnisse privatisieren oder teilprivatisieren, gehören vor allem Entwicklungsländer wie Brasilien, Chile, Griechenland, Jamaika, Mexiko, Peru, Südafrika und Thailand. Dominiert wird der Sektor von Konzernen des Nordens, die vor allem aus englischsprachigen Ländern stammen, wie Sentencing Project in seinem Bericht betont.

Die USA sind das Land mit der weltweit größten privat verwalteten Gefangenenpopulation. 2011 saßen 131.000 Menschen in gewerblich betriebenen Haftanstalten. Das erklärt sich nicht zuletzt aus dem Umstand, dass nirgendwo sonst auf der Welt so viele Menschen hinter Gittern sitzen wie in den USA. 1,5 Millionen Menschen sind inhaftiert, das entspricht einem Viertel der weltweiten Gefangenen.

In Ländern wie Australien, Neuseeland und Großbritannien sitzen zwischen zehn bis 20 Prozent aller Gefangenen in kommerziell verwalteten Gefängnissen. Besonders hoch ist der Anteil in den Haftzentren für Migranten. In Großbritannien zum Beispiel sind die privaten Auffanglager zu drei Vierteln mit Menschen belegt, die gegen die Einwanderungsgesetze verstoßen haben. In Australien ist der komplette Sektor privatisiert.

Die US-Politik der harten Hand

In den USA hat sich die Überbelegung der Gefängnisse in Folge einer 30-jährigen Politik der harten Hand im Umgang mit Rechtsverstößen zu einem ernsten Problem ausgewachsen. So gibt es Haftanstalten, die ihre Kapazitäten um 40 Prozent überschritten haben.

Doch in diesem Monat hat der US-Generalstaatsanwalt Eric Holder angekündigt, Maßnahmen zu ergreifen, die zu einem Rückgang der Gefängnispopulation führen werden. Auch soll der Kongress mit Gesetzesreformen das US-amerikanische Strafrechtssystem verbessern. Durch solche Schritte wird den privaten Gefängnisbetreibern in den USA das Wasser abgegraben.

Cody Mason, der Autor des Sentencing-Project-Berichts, weist darauf hin, dass die Konzerne einen wesentlichen Beitrag zu den strengen Haftbedingungen für Migranten geleistet haben.

In Israel hatte der Oberste Gerichtshof 2009 die Eröffnung eines privatwirtschaftlich geführten Gefängnisses verhindert. Als Begründung hieß es, dass der Staat mit der Abgabe seiner Verantwortlichkeit Verstößen gegen die Rechte von Gefangenen Tür und Tor öffne.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.