Tauziehen um Rote Flora in Hamburg: Fette Drohung gegen „Fettes Brot“

Mit Polizeihilfe will Eigentümer Kretschmer ein Soli-Konzert der Rapper in dem autonomen Kulturzentrum unterbinden. Die Szene setzt nun auf Public Viewing.

„Lass die Finger von der Roten Flora“ – oder so ähnlich: „Fettes Brot“. Bild: dpa

HAMBURG taz | Das Tauziehen um das seit 24 Jahren besetzte Hamburger Kulturzentrum Rote Flora nimmt immer groteskere Formen an. Eventmanager Klausmartin Kretschmer, der egozentrische Eigentümer des Gebäudes, hat nun über seinen neuen Investmentberater, Gert Baer, verkünden lassen, dass er am Sonntag ein Konzert des Hip Hop-Trios „Fettes Brot“ von der Polizei unterbinden lassen wolle. Er wolle Anzeige gegen die Rapper wegen Hausfriedensbruch stellen. „Fettes Brot“ wäre nicht bereit gewesen, für ihren Solidaritätsauftritt in der Roten Flora 5000 Euro Miete an Kretschmer zu zahlen.

Die autonome Szene hat sofort die Mobilisierung aufgenommen. Das Konzert soll nun sogar über Videowände nach außen übertragen werden. Das Vorgehen macht für die autonomen Rote Flora-Aktivisten klar, dass „die Angriffe auf das Projekt“ ernst gemeint seien, erklärten Sprecherinnen der taz.

Vor einem Monat hatten Kretschmer und Baer gegen den neuen Bebauungsplan „Sternschanze 7“ des Bezirks Hamburg-Altona, der einstimmig interfraktionell verabschiedet worden ist, Widerspruch eingelegt und angekündigt, bis vor den europäischen Gerichtshof ziehen zu wollen. Der Bebauungsplan schreibt die Rote Flora als Stadtteilkulturzentrum fest, Kretschmer fühlt sich dadurch „enteignet“.

Parallel hatten Baer und Kretschmer einen Bauvorantrag gestellt, zusammen mit einer „flexiblen“ US-Investment-Firma auf dem Areal der Roten Flora mitten im Schanzenviertel ein Mega-Veranstaltungszentrum mit einer Konzerthalle für 2500 Besucher errichten zu wollen. Vorige Woche stellte Kretschmer einen Antrag, die rote Flora einer „privaten Nutzung“ zuzuführen. Er sieht vor, dass eine US-Modekette das Gebäude nutzt oder dass im angrenzenden Flora Park Wohncontainer für die Lampedusa Flüchtlinge aufgestellt werden könnten.

Baer begründet sein aktuelles Vorgehen damit, dass es der Gruppe "fettes Brot" bekannt sein müsste, dass die rote Flora von „linksextremistischen Besetzern“ beherrscht werde, deren Ziel „die alternativlose Abschaffung der deutschen Demokratie, die Abschaffung der Deutschen Verfassung und des deutschen Staates“ sei. Unter dem Motto „Brote Flora“ hatte die Band angekündigt, eines ihrer Konzerte für die neue CD „3 is ne Party“ aus Solidarität in der Flora abzuhalten.

Die Rote Flora reagierte relativ schnell und konkret. Auch „Briefkastenfirmen haben Namen und Adressen“ wird unverblümt gedroht. Bear gilt im Immobilienmarkt als graue Imminenz und Global Player, denn die Flora-AktivistInnen glauben herausbekommen zu haben, dass Baer für ein konspiratives Finanzkonsortium Namens „Yupin“ in Panama arbeitet, das schon längst im Besitz der Immobilie ist und Kretschmer, der noch vor einem Jahr mit der Insolvenz kämpfte, nur ein Lakai sei.

Kretschmer hatte dem rot-grünen Senat 2001 die Flora für 370.000 D-Mark abgekauft, damit der Rechtspopulist Ronald Schill und die CDU daraus kein Wahlkampfthema machen konnten.

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