Randale im Fußballstadion: Stetiger Dialog – trotz Bengalos

Ein Jahr nach Verabschiedung ihres Sicherheitspakets zieht die Fußball Liga eine positive Bilanz. Sie fordert die Politik auf, endlich zu helfen, statt zu krakeelen.

„Eintracht-Fans“ zu Gast bei Hannover 96 Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Es ist gerade einmal ein Jahr her, da bestimmten Meldungen über „Fanrandale“ und „Pyro-Chaoten“ die Schlagzeilen. Der deutsche Fußball hatte eine Sicherheitsdebatte zu meistern, bei der er das Heft des Handelns zu verlieren drohte. Ein wenig Ruhe kehrte erst ein, als die Vertreter der 36 Proficlubs ein Papier mit dem programmatischen Titel „Sicheres Stadionerlebnis“ verabschiedeten.

Knapp ein Jahr später lud die Deutsche Fußball Liga (DFL) erneut nach Frankfurt. Und das offenbar aus drei Gründen: zum einen, um über die aktuelle Sicherheitslage zu informieren. Zum anderen, um das Signal an die Politik auszusenden, dass der Fußball – zumindest in den eigenen Stadien – Herr der Lage ist.

Und zum Dritten, um einen Generalverdacht zu zerstreuen, den anno 2012 Fanvertreter aus allen Landesteilen geäußert hatten: den, dass dem Verband nicht an einem aufrichtigen Dialog mit den Fans gelegen sei.

DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig lobte dann auch ausführlich die Fortschritte in der Gesprächskultur („nichts für die Galerie“), die sich im vergangenen Jahr unabhängig von der jeweiligen Wochenend-Konjunktur („egal, ob ein Bengalo mehr oder weniger“) verstetigt hätten. Es gebe es durchaus wechselseitige Lernerfolge. Auch nach dem nächsten Fankongress im Januar in Berlin soll bei vier Regionalkonferenzen weiter debattiert werden.

Außerdem beteilige sich die DFL mittlerweile mit 3 statt wie bisher mit 1,6 Millionen Euro an der Finanzierung der Fanprojekte und stelle 500.000 Euro zur Verfügung, um etwa Programme gegen Rechtsextremismus zu fördern.

Allerdings sind die Vereine nach wie vor nicht glücklich damit, dass immer wieder Pyrotechnik gezündet wird. Andererseits, das ließen sowohl Rettig als auch der DFL-Fanbeauftragte Thomas Schneider durchblicken, ist man durchaus bereit zwischen Zündeleien und physischer Fangewalt zu unterscheiden.

Subjektives Sicherheitsgefühl

In diesem Bereich hat auch die Statistik der Zentralen Informationsstelle Sportgewalt (ZIS) einen Rückgang dokumentiert. Diese Zahlen decken sich mit dem subjektiven Sicherheitsempfinden der Fans. Rettig zitierte eine selbst in Auftrag gegebene Studie, wonach 96 Prozent der Stadion-Besucher mit der Sicherheitslage zufrieden sind, aber nur 68 Prozent der anderen Fußballinteressierten die Stadien für sicher halten.

Das dürfte das gleiche Phänomen wie in Pflegeheimen sein, in denen Senioren, die seit Jahren das Haus nicht verlassen und viel fernschauen, dem Spätdienst raten, sich zu bewaffnen, weil es draußen so gefährlich geworden sei.

Dass das für den Alltag in den Stadien nicht zutrifft, ist dabei ebenso wahr wie die Tatsache, dass es auch in der laufenden Saison vor allem bei Derbys immer wieder zu Gewalttaten auf den An- und Abreisewegen gekommen ist.

Niedersächsisches Derby

Rettig berichtete vom niedersächsischen Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig, bei dem mehrere Reihen vermummter Fans die Polizisten mit Pyrotechnik beschossen hätten und Braunschweiger Fans den Eingangsbereich zum Gästeblock gestürmt hätten. „Diese Vögel werden wir nicht erreichen. Da sind wir überfordert und bleiben auf Hilfe Dritter angewiesen“, betonte Rettig, der erneut durchblicken ließ, dass politische Unterstützung erwünscht sei, sofern „populistische Forderungen“ wie die nach einer Abschaffung der Stehplätze unterblieben.

Auch der jüngsten Forderung der Bremer SPD, die Kosten von etwa 2 Millionen Euro für Polizeieinsätze in der Hansestadt sollten künftig vom Fußball getragen werden, erteilte Rettig ebenso wie DFL-Präsident Reiner Rauball („populistischer Dauerbrenner“) eine Absage.

Auffallend hymnisch lobte Rettig dann auch den derzeitigen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Boris Pistorius (SPD). Der verzichte auf Populismus, überzeuge durch „Sachkompetenz“ und unterscheide sich damit wohltuend von den „Krakeelern“ und „Scharfmachern“, die er in der Zunft der Innenminister offenbar auch ausgemacht hat, deren Namen er aber nicht nannte.

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