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Hilfe für Zwangsprostituierte in der Kritik Die Lügen der Frau Wentland

Trotz Vorwürfen der Behörden gegen „Mission Freedom“ hält der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger an der Verleihung seines Bürgerpreises für die Vereinsvorsitzende fest.

Frische Ware: Mit einer ähnlichen Protestaktion, aber einem echten Opfer hat Mission Freedom auf die Zwangsprostitution aufmerksam gemacht. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Hamburger Verein „Mission Freedom“ wehrt sich gegen die Kritik der taz an seiner Arbeit mit Zwangsprostituierten. „Wir arbeiten mit allen Behörden zusammen. Wir sind bei den Ämtern, Ärzten und natürlich Anlaufstellen für Migrantinnen und auch beim LKA“, sagte die Vereinsvorsitzende Gaby Wentland, Pastorin in der Freien Gemeinde Neugraben, dem christlichen Medienmagazin Pro.

Die taz hatte die Seriosität des Vereins in Frage gestellt, der vorgibt, durch Streetworking und Betreuung im vereinseigenen „Mission Freedom Home“ Frauen aus der Zwangsprostitution zu befreien. Für dieses „herausragende bürgerschaftliche Engagement“ soll der Vorsitzenden Gaby Wentland 2014 der Bürgerpreis der deutschen Zeitungsverleger verliehen werden.

Auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei vom 22. Oktober hatte der Senat mitgeteilt, dass weder das Landeskriminalamt (LKA), noch Behörden und Beratungsstellen mit dem Verein zusammenarbeiten. Arbeit und Konzept des Vereins entsprächen „nicht den fachlichen Qualitätsanforderungen im Umgang mit Menschenhandel“. Auch die Anerkennung des „Mission Freedom Home“ als Frauenhaus sei im April 2013 abgelehnt worden.

Der Senat kritisierte die „spezifisch religiöse Ausrichtung im Umgang mit Opfern sexuellen Missbrauchs“. Nach Einschätzung Jörg Pegelows, Sektenexperte der Nordelbischen Kirche, hat Mission Freedom ein „stark missionarisches Interesse“.

Tatsächlich haben die Beratungsstellen bei häuslicher Gewalt und Zwangsheirat, Lâle und Verikom, im August eine Unterlassungsaufforderung an Mission Freedom gestellt, „ab sofort die Nennung der beiden Träger im Kontext der Arbeit von Mission Freedom zu unterlassen“.

Das LKA winkt ab

Und auch das LKA winkt ab: „In der Tat arbeiten wir nicht mit Mission Freedom zusammen“, sagt Jörn Blicke, Dezernatsleiter Milieu. „Wir vermitteln keine Frauen an Mission Freedom und wir weisen auch nicht auf Mission Freedom im Rahmen unserer Präventionsrunden im Milieu hin.“ Denkbar sei allenfalls, dass man vom Verein Frauen überstellt bekomme, die potenzielle Opfer von Menschenhandel seien. „Dies ist jedoch schon rund ein Jahr nicht mehr geschehen.“

Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (Basfi) grenzt sich weiterhin klar von „Mission Freedom“ ab: „Die Basfi und die von ihr finanzierten Opferschutzeinrichtungen vermitteln keine Frauen an Mission Freedom. In der letzten Sitzung des Runden Tisches häusliche Gewalt am 19. November haben wir – in Anwesenheit von Mission Freedom – noch einmal bestätigt, dass wir weiterhin zu den fachlichen Kritikpunkten stehen, das heißt auch weiterhin keine Zusammenarbeit erfolgen wird“, sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer.

Rückendeckung durch die Diakonie

„Erschreckend“ sei, heißt es in der Behörde, dass die Hamburger Diakonie sich hinter den Verein gestellt hat. Zwar räumt Diakoniesprecher Steffen Becker ein, „man sehe den Verein durchaus kritisch“. Und das Frauenhaus des Diakonischen Werkes lehnt die Zusammenarbeit ab. Aus dem Dachverband ausschließen werde man den Verein trotzdem nicht, sagt Becker.

„Es gab zu Beginn der Arbeit von Mission Freedom einige konzeptionelle Schwachstellen“, räumt Becker ein. „Der Verein hat uns zugesichert, dass diese Schwachstellen abgestellt wurden und konzeptionelle Änderungen wie die Trennung von Streetworking und Schutzhaus umgesetzt werden.“ Außerdem habe Mission Freedom versprochen, „die Autonomie der betreuten Klientinnen, auch in religiöser Hinsicht, zu respektieren und zu fördern“.

Der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hält an der Verleihung des Bürgerpreises an Wentland fest. „Nach Rücksprache mit dem Hamburger Abendblatt, das Mission Freedom und Frau Wentland vorgeschlagen hatte, und Recherchen bei der Diakonie sind die erhobenen Vorwürfe der Missionstätigkeit durch eine religiöse Sekte nicht haltbar“, sagte Anja Pasquay, Pressesprecherin des BDZV, dem Magazin Pro.

 

Zu den Vorwürfen von LKA und der Hamburger Sozialbehörde äußert sich Pasquay nicht, auf erneute Nachfrage der taz antwortet sie: "Gerne bestätigen wir Ihnen auf diesem Weg noch einmal, dass das Hamburger Abendblatt die Aktion ,Mission Freedom' als vorbildlich für den Bürgerpreis der deutschen Zeitungen nominiert und mehrfach darüber berichtet hat. Daran hat sich bis zum heutigen Tag auch nichts geändert."