Kolumne Die eine Frage: Eine Welt ohne Grüne

Was wird 2014 wichtig? Fußball, Kinder, Hunde. Und was wird unwichtig? Vor allem eine politische Partei, die mit „G“ beginnt.

Gerade wichtig: Xaver. 2014 wichtig: Hunde. Bild: dpa

Jetzt kommen wieder dauernd Leute vorbei und fragen, was 2014 „wichtig“ sein werde. Ich muss dann immer an meinen Schwiegervater denken, der bei jedem Anlass zu sagen pflegt, das Wichtigste sei ja, gesund zu bleiben. Das ist bei ihm christliche Demut, dürfte aber für Grüne vermutlich nicht politisch oder sozial genug argumentiert sein. Bei Grünen-Wählern und -Politikern steht ja nicht das persönliche Interesse und der Zustand des eigenen Körpers im Vordergrund.

Und schon gar nicht Demut.

Sondern die sozial-globale Gerechtigkeit und der brennende Wunsch, dafür höhere Steuern zu bezahlen.

Wofür brauchen wir überhaupt noch Verlage? Die Titelgeschichte „Es wird ein Buch“ über die Zukunft der Literatur lesen Sie in der taz.am wochenende vom 7./8. Dezember 2013 . Darin außerdem: Wie man spontan einen Tisch voll Freunde bewirtet – auch wenn man den Besuch vergessen hatte. Und der sonntaz-Streit: Soll man im Flugzeug telefonieren dürfen? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Deshalb gibt es ja auch kaum noch Grünen-Wähler.

Die Leute, die mich fragen, was wichtig wird – das ist jetzt psychologisch interessant –, wollen eigentlich gar nicht wissen, was wichtig wird, denn wenn ich Energiewende sage, drehen sie sich weg. Es geht offenbar um die Themen, mit denen wir uns 2014 beschäftigen, um uns nicht mit dem beschäftigen zu müssen, was wichtig wird. Wenn man überhaupt mit Zweiterem eine Chance haben will, muss man es raffiniert in Ersteres verpacken.

So gesehen wird das wichtigste Thema, dass wir nicht Weltmeister werden. Dann der Erste Weltkrieg. Liegt schön weit zurück. Den Rest kann man sich vielleicht aus Buchvorschauen erschließen. Wir werden uns mit Promis beschäftigen, die berichten, wie sie alt werden, und mit Promis, die berichten, wie sie jung bleiben. Vor allem mit Promis, die berichten, wie sie Promis getroffen haben, beim Promiwirt.

Wichtig werden auch Hunde und Kinder. Die neuesten Erkenntnisse: Wir müssen die Kinder endlich wieder Kinder sein lassen. Und die Hunde Hunde. Wir müssen die Kinder endlich richtig erziehen. Und die Hunde. Vor allem müssen wir den Kindern endlich das Rauchen verbieten. Den Hunden sowieso. In diesem Zusammenhang werden auch zwei Megatrends wichtig: Von den Jungen lernen (mit witzigen Illustrationen). Von den Alten lernen (auch mit witzigen Illustrationen). Dann noch ein riesiges Problem, das kaum einen betrifft: dass Leute zu nett sind. Aber das kann man ja Gott sei Dank ändern.

Antworten wird 2014 endlich auf folgende Fragen bringen: Welcher Diättyp bin ich? Wie werde ich Jude? Judas – was ist damals wirklich passiert? Und eine in jeder Hinsicht kontroverse Frage wird Amelie Fried im Juni beantworten: Wie lange können Frauen Reizwäsche tragen, ohne sich zu blamieren?

Weihnachten mit Steffi Lemke

Aber das sind jetzt alles Vermutungen. Um die Frage hundertprozentig beantworten zu können, muss ich vor Weihnachten unbedingt noch Steffi Lemke treffen. Wie niemand sonst – oder allenfalls noch Jürgen Trittin – weiß die Managerin des Grünen-Bundestagswahlkampfes, wie die Gesellschaft tickt und was sie überhaupt nicht anspricht. Deshalb sagt sie es erst recht. Knallhart. Weil es ihr einfach wichtiger ist, diese Welt zu verbessern, als sie zu regieren. Für diesen Satz bekam sie bei der Bundesdelegiertenkonferenz im Oktober Ovationen.

Doch was bedeutet dieser Politikansatz? Dass die Welt sich verbessert, wenn die Grünen nicht regieren? Demnach wäre es grüner Altruismus gewesen, der die Sondierungstruppe dazu gebracht hat, die zarten Brücklein niederzubrennen, die die Union baute. Oder heißt es, dass die Welt umso besser wird, je weniger Grünen-Wähler es gibt? Dann war 2013 mit der Schrumpfung von 14 Prozent auf 8,4 ein Meilenstein. Wenn man das Tempo hält, ist 2016 alles paletti.

Wer aus Sorge um die Zukunft der Weltgesellschaften, seiner Kinder oder auch nur um die eigene Gesundheit noch Hoffnung in die Bundes-Grünen setzt, der muss diese Logik ernst nehmen, wonach sie im Grunde richtig lagen und theoretische Treue zu nicht annähernd mehrheitsfähigen Inhalten wichtiger ist als die reale Kohlekraftpolitik derjenigen, die von der grünen Selbstgerechtigkeit profitieren.

Wenn diese Verweigerung von Verantwortung trotz Personalwechseln in der Berliner Führung mental weiter als moralpolitischer State of the Art gepflegt wird und die Mehrheit der Fraktion und in den Ländern sich weiter raushält oder ein schlechtes Gewissen einjagen lässt, liegt die Zukunft unseres Landes in einer Allianz aus Bezirksvorstandsstrategen wie Andrea Nahles und Alexander Dobrindt.

Wie auch immer: Wenn man Leute und Journalisten fragt, was 2014 definitiv nicht wichtig sein wird, haben alle eine klare Antwort. Die Grünen.

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Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried

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