Demoverbote für die City: Autonome müssen draußen bleiben

Die Polizei verbietet eine Demo für die Rote Flora in der City, weil sie Gewalt prognostiziert. Auch gegen das City-Verbot selbst darf nur fernab der Weihnachtseinkäufer protestiert werden.

Auch ein schöner Ort zum Demonstrieren, findet die Polizei: Der S-Bahnhof Sternschanze. Bild: dpa

In der Hamburger Innenstadt herrscht kurz vor Weihnachten offenbar der Ausnahmezustand: Für den 4. Adventssamstag hat die Polizei sämtliche Proteste für das besetzte Stadtteilzentrum Rote Flora und den Erhalt der City als öffentlichem Raum untersagt. Bei der Polizei klingt das anders: "Die Polizei hat nichts verboten, sondern versammlungsrechtlich nur die Auflage erteilt, die Kundgebung an den S-Bahnfof Sternschanze zu verlegen", sagte Polizeisprecher Mirko Streiber der taz. "Dagegen kann gerichtlich vorgegangen werden.“

Von mindestens 5.000 Teilnehmern an den Demonstrationen am Samstagnachmittag geht die Polizei aus. Davon stuft sie 3.000 Autonome in die Kategorie "gewaltbereit" ein. Nach taz-Informationen sind 4.000 Polizisten angefordert worden, um die City demonstrationsfrei zu halten, darunter viele auswärtige Beweissicherungs und Festnahmeeinheiten (BFE) und das Spezialkommando "USK Bayern", das zur Aufstandsbekämpfung aufgebaut worden ist.

Ursprünglich hatten die Organisatoren der internationalen Demonstration für den Erhalt des seit 24 Jahren besetzten Zentrums Rote Flora am Schulterblatt zwei Zusatzkundgebungen zu brennenden aktuellen Themen angemeldet. So sollte es am Nachmittag zu einer Aktion vor dem Büro des Immobilienberaters Gert Baer im Business Improvement District Neuer Wall kommen.

Baer gilt als Motor der derzeitigen Räumungskampagne gegen die Rote Flora. Als Berater des Besitzers Klausmartin Kretschmer soll er offensichtlich den Wert der historischen Immobilie am Schulterblatt steigern. Kretschmer und Baer haben im Oktober Klage gegen den neuen Bebauungsplan "Sternschanze 7" angekündigt, der für die Rote Flora den Status als Stadteilkulturzentrum festschreibt. Die beiden Geschäftspartner haben außerdem einen Antrag auf einen Bauvorbescheid gestellt - mit dem Ziel, das Areal von Roter Flora und Flora-Park zu einem Mega-Veranstaltungsszentrum mit einer Konzerthalle für 2.500 Besucher umzubauen. Öl ins Feuer hat das Duo zusätzlich gegossen, indem sie den Nutzern der Roten Flora vorige Woche ein Ultimatum gesetzt haben, nach dem sie die Immobilie bis zum morgigen Freitag räumen sollen.

Eine weitere Kundgebung war vor dem Sitz des City-Managements gegenüber der Handelskammer am Adolfsplatz geplant. Hier sollte dagegen demonstriert werden, dass das City-Management durch die für den Einzelhandel organisierten "Weihnachtsparaden" dafür sorgt, dass die City an den Dezember-Samstagen zur demofreien Zone wird.

"Die Polizei hat in den Kooperationsgesprächen unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie keine Demonstrationen in der Innenstadt zulässt", ist aus Veranstalterkreisen zu hören. Begründet wurde dies damit, dass es "Lageerkenntnisse" gebe, dass auswärtige Teilnehmer Gewaltaktionen geplant hätten. Man habe daraufhin angeboten, beide City-Kundgebungen in einer Veranstaltung auf dem Jungfernstieg zu bündeln. Doch die Polizei habe alles an den Sternschanzen-Bahnhof verlegt. "Damit hat sie das bewiesen, wogegen sich unser Protest richtet: Dass es de facto ein Versammlungsverbot für die Innenstadt gibt", sagt ein Rotflorist. "Wir werden dagegen klagen."

Hingegen hat die Polizei die Hauptdemonstration um 15 Uhr für den Erhalt der Roten Flora und der Esso-Häuser durchgewinkt, da sie sich lediglich im Bereich St. Pauli und Schanzenviertel bewegen soll. Genehmigt sind auch die Adventsdemonstration für die Lampedusa-Flüchtlinge rund um die Binnenalster am Mittag und eine Kundgebung gegen die Flüchtlingspoltik des SPD-Senats um 14 Uhr vor der Roten Flora.

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