Kommentar Demos in Sotschi: Putins Mogelpackung

Dass Putin das Demoverbot während der Winterspiele in Sotschi lockert, ist ein durchsichtiges Manöver. Denn die Auflagen sind viel zu streng.

Gibt sich ein liberales Image: Russlands Präsident Wladimir Putin. Bild: dpa

Russlands Präsident Wladimir Putin scheint dieser Tage über sich hinaus zu wachsen. Nach der Freilassung des Ex-Ölmagnaten Michail Chodorkowski und zweier Aktivistinnen der Frauen-Punk-Band Pussy Riot lässt sich Putin jetzt auch noch dazu herab, das Demonstrationsverbot während der Olympischen Winterspiele in Sotschi zu lockern.

Das Dumme ist nur, dass sich dieser jüngste Vorstoß bei genauerem Hinsehen als ein allzu durchsichtiges Manöver der russischen Staatsführung erweist, sich vor dem Mega-Sportevent ein liberales Image zu geben. Kurzum: Er ist nichts anderes als eine Mogelpackung.

Denn kritische Unmutsbekundungen sind in Sotschi nur unter allerstrengsten Auflagen möglich. So müssen Proteste mit den städtischen Behörden haarklein abgesprochen werden. Das betrifft sowohl das inhaltliche Anliegen selbst, als auch den Verlauf der Demonstrationsroute sowie die Anzahl der Teilnehmer.

Dieses Prozedere ist sattsam bekannt und an Absurdität sowie Lächerlichkeit nicht zu überbieten. So werden Kundgebungen in Russland häufig nur auf Plätzen gestattet, die weit vom Zentrum entfernt und folglich kaum zu erreichen sind. Vielfach wird der Aktion dann noch an Ort und Stelle der Gar ausgemacht, weil über Nacht plötzlich Straßenbaumaßnahmen angeordnet wurden.

IOC faselt

Für eine derart kreative Behinderung von Protesten bietet auch Sotschi zahlreiche Betätigungsfelder. Hinzu kommt noch, dass die – wengleich reale – Bedrohung durch Anschläge islamistischer Kämpfer immer wieder ein Hintertürchen bietet, um Kritiker kurzfristig zum Schweigen zu bringen.

Vor diesem Hintergrund mutet die Stellungnahme des IOC, das von einer Gewährung der freien Meinungsäußerung faselt, gelinge gesagt merkwürdig an. Man darf auf die Einlassungen des Komitee gespannt sein, wenn in den speziellen „Demonstrationszonen“ die ersten Planierraupen anrücken. Wahrscheinlich ist dann höhere Gewalt am Start.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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