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: Diskussionen und Party: Der Congress 3000 im HdKdW

Keine Vernissage mehr ohne DJ-Set, kein Theaterstück ohne Rockmusik, kein Club, der nicht gleichzeitig als Kunstforum funktioniert: Insofern ist es nur logisch, daß die in diesen Tagen beginnende berlin biennale in Form des Congress 3000 seinen diskursiven Club- und Show-Event zur Seite gestellt bekommt. Crossover, Schnittstellen, Interdisziplinarität, Synergieeffekte und Hybridität: So heißen beliebte, nicht einfach auszusprechende Schlagwörter, die dem Congress-3000-Programm den inhaltlichen Leitfaden geben.

An drei Tagen kann man sich so im Haus der Kulturen der Welt ohne Verschnaufpause all das geben, was man schon lange mal unter einem Dach vereinigt wissen wollte: Lesungen, Filme, Performances, Musik und natürlich Diskussionen. Ob das nun zusammenpaßt oder nicht. Sagen wir Ingo Schulze und Benjamin v. Stuckrad-Barre, die aus ihren Büchern vorlesen werden. Seien es Filme wie der über die US-amerikanischen HipHop-Queens oder „Not A Love Song“, ein Film über ein runtergekommenes Dorf an der polnischen Grenze, „wo sogar die Tiere anfangen, sich selbst umzubringen.“

Bei den Diskussionen will man sich um Themen kümmern, die „soziale und ästhetische Zusammenhänge auf lokaler und globaler Ebene behandeln“. Beispielsweise „Der Stil einer Stadt. Style als urbane Kommunikationsstrategie“. Oder „Berlin – offene Stadt, Perspektiven einer Architektur des Formlosen“. Vor allem Fragen sollen da natürlich aufgeworfen werden, interessante und diskutierenswerte Fragen, keine Frage. Und wie man merkt, ist es vor allem das Thema „Stadt im Wandel“, das den Veranstaltungen ihren tieferen Sinn geben soll. Also Berlin, das „neue Berlin“, das endlich Metropole ist: Kultur in Berlin, nie war sie so wertvoll und „innovativ“ wie heute, nie war sie „hauptstädtischer“. Darunter macht es keiner mehr, aus welchen Zusammenhängen auch immer er herkommen mag. Endlich wieder Signale setzen können, endlich wieder wer sein, endlich eine Identität haben, an deren Rändern entlang sich vieles anderes diskutieren läßt. Abzuwarten bleibt, ob da wirklich „unterschiedliche Positionen vereint“ werden, wie von den Congress-3000- Veranstaltern angestrebt, ob da wirklich was „Neues“ möglich wird. Man weiß es nicht, aber man ahnt was. Und vielleicht ist es dann – wie schon bei den 97er-Jugendfestspielen und der 98er-BerlinBeta — doch wieder nur die Party als solche, nach der sich alle sehnen, in der sich alles auflöst. Gerrit Bartels

Congress 3000, Do–Sa von 18–6 Uhr im HdKdW, John-Foster- Dulles-Allee 1–3