Kommentar Konflikt auf der Krim: Die Scharfmacher aus Brüssel

Die EU ist sich offenbar nicht sicher, wie sie mit Russland in der Krim-Krise umgehen soll. Doch die Schuld nur bei Moskau zu suchen, wäre falsch.

Angst vor einer militärischen Aggression der Russen, Wut über die eigene Ohnmacht – die Gefühlslage der EU. Bild: reuters

Angst ist kein guter Ratgeber. Wut auch nicht. Doch es war ausgerechnet eine Mischung aus Angst und Wut, die das Krisentreffen der EU-Außenminister zur Ukraine am Montag in Brüssel beherrscht hat. Angst vor einer militärischen Aggression der Russen, Wut über die eigene Ohnmacht. Das Ergebnis ist jämmerlich ­ und gefährlich.

Denn entweder handelt es sich auf der Krim wirklich um eine russische „Aggression“, wie die Außenminister ganz undiplomatisch proklamieren. Dann kann man sich nicht mit halbseidenen „Sanktionen“ wie der Unterbrechung von Visa-Verhandlungen begnügen. Dann muss man Putin und sein Regime direkt und hart treffen, so wie die USA.

Oder es geht um etwas anderes. Dann muss man Emissäre nach Moskau schicken, um die Sache so schnell wie möglich aufzuklären. Die EU ist sich offenbar nicht ganz sicher und hat daher auch die Möglichkeit zu Verhandlungen offen gehalten. Gleichzeitig setzt sie Moskau aber ein Ultimatum bis zum Sonder-EU-Gipfel am Donnerstag – und mindert so die Erfolgschancen.

Besser wäre es, erst einmal reinen Tisch zu machen. Zuhause in Brüssel, und bei unseren neuen Freunden in Kiew. Da ist nämlich einiges schief gelaufen in den letzten Wochen. Die Ukrainer haben nicht die Regierung des Neuanfangs bekommen, die sie sich gewünscht haben. Der Maidan wurde von den alten Cliquen und Clans übernommen, viele fühlen sich verraten.

Und die EU hat die Augen davor verschlossen, dass die neuen Machthaber die Absprachen gebrochen haben. Sie haben keine „inklusive“ Regierung gebildet, wie sie Außenminister Steinmeier versprochen hatten. Sie haben auch nicht die Nationalisten ausgegrenzt. Die braune Swoboda-Partei stellt im Kiewer Kabinett sogar mehrere Minister, einen Vizepremier und den Generalstaatsanwalt.

Das ist eine schwere Hypothek für die Ukraine – und eine Provokation für Russland. Erst wenn die EU diese Fehler korrigiert, wird sie eine weitere Eskalation verhindern können. Derzeit sieht es allerdings nicht danach aus. Denn in Brüssel führen die Scharfmacher das Wort. Aus Angst und Wut könnten sie alles noch schlimmer machen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.