Krim-Referendum: 93 Prozent für Russland

Die Krim-Bewohner haben ersten Hochrechnungen der Regionalregierung zufolge mit deutlicher Mehrheit für einen Russland-Anschluss gestimmt.

Jubel auf dem Lenin-Platz in Simferopol am Sonntag Bild: dpa

SIMFEROPOL afp | Bei dem international scharf kritisierten Referendum auf der ukrainischen Halbinsel Krim hat die Bevölkerung nach Angaben der dortigen Behörden mit überwältigender Mehrheit für einen Beitritt zu Russland gestimmt. 93 Prozent stimmten für die Angliederung, wie die prorussische Regionalregierung in Simferopol am Sonntagabend auf Grundlage von Nachwahlbefragungen mitteilte. Kiew und Moskau vereinbarten eine Waffenruhe auf der Krim bis Freitag.

Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow sprach nach Bekanntgabe der ersten Prognosen von einer historischen Entscheidung. „Wir haben heute eine sehr wichtige Entscheidung getroffen, die in die Geschichte eingehen wird“, schrieb er auf Twitter.

Auf der Krim waren seit dem Morgen rund 1,5 Millionen Bürger aufgerufen gewesen, ihre Stimme abzugeben. Da 63 Prozent der Bewohner russische Wurzeln haben, andere Bevölkerungsgruppen zum Boykott aufgerufen hatten und das russische Militär die Halbinsel faktisch längst kontrolliert, war mit einer klaren Mehrheit für die Angliederung an Russland gerechnet worden.

Die EU, die USA und die Regierung in Kiew bezeichneten die Abstimmung allerdings als völkerrechtswidrig. Auch vom Europarat wurde das Krim-Referendum als verfassungswidrig und undemokratisch eingestuft.

USA: „Referendum widerspricht der Verfassung“

Die US-Regierung bekräftigte unmittelbar nach der Schließung der Wahllokale ihre Ablehnung der Volksabstimmung. „Dieses Referendum widerspricht der ukrainischen Verfassung“, erklärte Präsidentensprecher Jay Carney. Die internationale Gemeinschaft werde nicht das Ergebnis einer Abstimmung anerkennen, die unter Androhung von Gewalt und der Einschüchterung durch eine russische Militärintervention abgehalten worden sei.

In Simferopol und Sewastopol, wo die russische Schwarzmeerflotte stationiert ist, feierten am Abend tausende Menschen auf den Straßen. „Ich bin glücklich“, sagte Alexander Sorokin in Sewastopol. „Ehrlich, ich bin 60 und hätte nie gedacht, dass ich diesen glücklichen Tag erleben würde.“

Vielerorts war die Stimmung jedoch angespannt und es kam auch zu Unregelmäßigkeiten. In einem Wahllokal in Sewastopol hatten schon vor dem offiziellen Beginn der Abstimmung 65 Menschen ihre Stimmen abgegeben. Einige Journalisten wurden am Betreten von Wahllokalen gehindert.

Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow warf Moskau Invasionspläne vor. „Das Ergebnis ist vom Kreml geplant worden, um als formelle Rechtfertigung für die Entsendung von Truppen und den Beginn eines Krieges zu dienen“, erklärte er.

Russland sagte nach Angaben der Interims-Regierung in Kiew allerdings zu, die Blockade der ukrainischen Militärstützpunkte auf der Krim vorübergehend aufzuheben. Auf eine entsprechende Waffenruhe bis zum Freitag hätten sich die Armeeführungen beider Seiten geeinigt, sagte Verteidigungsministers Igor Tenjuch laut der Nachrichtenagentur Interfax.

Am Freitag soll auch das russische Parlament über das Gesetz zur Aufnahme der Krim abstimmen. Außerdem will die ukrainische Übergangsführung dann ein politisches Assoziierungsabkommen mit der EU abschließen.

Sanktionen sind vorbereitet

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte in der Welt am Sonntag vor einer „brandgefährlichen Lage“. „Wenn Russland nicht in letzter Minute einlenkt, werden wir am Montag im Kreis der EU-Außenminister eine entsprechende erste Antwort geben.“ Vorbereitet sind Einreiseverbote und Kontosperrungen gegen verantwortliche Politiker in Russland und auf der Krim.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte in einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin, mehr Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an Brennpunkte insbesondere in der Ostukraine zu entsenden. Genau wie der ukrainische Interims-Regierungschef Arseni Jazenjuk sprach sie sich dafür aus, in einer Sondersitzung des Ständigen OSZE-Rats am Montag ein entsprechendes Mandat zu erteilen.

Nachdem in der Ostukraine schon in der Nacht zum Samstag laut Polizeiangaben ein prorussischer Aktivist und ein Passant bei Krawallen in Charkiw getötet worden waren, stürmten prorussische Demonstranten am Sonntag in der ebenfalls grenznah gelegenen Großstadt Donezk örtliche Einrichtungen der Staatsanwaltschaft und der Spezialeinheiten.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 20.27 Uhr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.