Werkstattbericht: Ein neues Redaktionssystem

Die taz investiert viel Geld in unabhängigen Journalismus und in ein neues Redaktionssystem. Es wird sich lohnen.

Alles muss sich ändern, damit alles so bleibt, wie es ist. Sie kennen diesen Aphorismus vielleicht, für das Kommende ist er wichtig. Vergessen Sie ihn nicht...

Zwei große Projekte stehen für die taz in den nächsten Jahren an: Wir bauen ein neues Verlagshaus und führen außerdem ein neues Redaktionssystem ein. Damit wird sich nicht allein die äußere, sondern auch die innere Struktur der taz gravierend ändern. Es ist – gemessen an seinen Folgen – der größte Umwandlungsprozess, mit dem der Verlag und die Redaktion seit 35 Jahren konfrontiert sein werden.

Der Blick auf die Kosten des Projekts hat einen tiefen Atemzug zur Folge: 21,6 Millionen sind veranschlagt. Nur 1,6 Millionen entfallen auf das neue Redaktionssystem. Doch diese Investition ist zwingend notwendig, damit wir inhaltlich konkurrenzfähig bleiben. Alles muss sich ändern, damit alles so bleibt, wie es ist. Der Chef von sueddeutsche.de, Stefan Plöchinger, hat in einem sehr lesenswerten Aufsatz „Hat Qualitätsjournalismus eine Zukunft?” treffend diagnostiziert: „Wer die großen Narrative der Branchendebatte der vergangenen Jahre im Zeitraffer betrachtet, wähnt sich auf einem Festival der Depressiven.” Nun könnte diesbezüglich die Einführung eines neuen Redaktionssystems in der taz wie Aktionismus wirken.

Wir reagieren, weil wir reagieren müssen. So ist es bislang: Die Redaktion arbeitet mit zwei unterschiedlichen Produktionssystemen. Print und Online sind, trotz gemeinsamer Planungsprozesse, voneinander getrennt. Mit dem neuen System sollen zukünftig alle Inhalte zentral erfasst, verwaltet und produziert werden. Dies erleichtert dann nicht nur unserer EDV-Abteilung massiv die Arbeit, sondern schafft auch für die seit jeher personell knapp besetzte Redaktion neue Freiräume – für neue Themen und zeitintensive Recherchen.

Kurz: Es muss nicht mehr zweigleisig produziert werden. Es geht nicht um eine Rationalisierung, sondern um eine zusätzliche Revitalisierung journalistischer Kernfelder in der taz. Auch die KollegInnen von LE MONDE diplomatique werden mit dem neuen System arbeiten. Neben taz.de werden für uns aber zunehmend auch andere digitale Vertriebswege wichtig. Die steigenden Zahlen unserer ePaper-Abos oder die wachsende Nachfrage im Hinblick auf die taz.app für mobile Endgeräte zeigen dies deutlich.

Anfang 2013 hat uns das Konzept der in Siegen ansässigen Firma InterRed überzeugt. Es ermöglicht reibungslos und mit geringem Aufwand eine parallele („kanalsynchrone”) Produktion der taz-Inhalte für alle Vertriebswege. Seit Oktober 2013 haben wir gemeinsam mit InterRed begonnen, eine schnelle Umsetzung zu planen. Bis Anfang 2015 wollen wir fertig sein.

Jan Scheper