Vattenfall-AKWs in Deutschland: Schweden haftet nicht mehr

Nach einer Umstrukturierung ist der schwedische Staatskonzern Vattenfall nicht mehr für die Risiken seiner deutschen AKWs verantwortlich.

Hübsch gelegen: das Vattenfall-AKW Brunsbüttel an der Elbe Bild: dpa

FREIBURG taz | In der Debatte über die Rückbau- und Entsorgungskosten der Atomkraft sorgt eine bereits im August 2012 erfolgte Umstrukturierung im Vattenfall-Konzern für neue Diskussionen: Der schwedische Staatskonzern zieht sich mit dieser Finte laut Handelsblatt juristisch aus der Haftung für seine deutschen Atomkraftwerke zurück.

Bis zum Umbau haftete die Konzernmutter noch voll für ihr deutsches Geschäft. Weil allerdings ein sogenannter Beherrschungsvertrag nicht verlängert wurde, hat das Unternehmen diese Haftung nun auf die oberste deutsche Konzerngesellschaft, die Vattenfall GmbH, beschränkt. Folglich trägt die schwedische Vattenfall-Mutter keine Verantwortung mehr für die Risiken ihrer deutschen Atomkraftbeteiligungen.

Vattenfall hält Kritik für unberechtigt. Man habe lediglich eine Struktur geschaffen, wie sie die deutschen Atomkonzerne schon immer hatten, sagte ein Sprecher: „Wie bei Eon, RWE und EnBW auch gilt die Haftung von Vattenfall bis zur obersten deutschen Konzerngesellschaft.“ Rein formal betrachtet sei die Haftung nun bei allen vier Konzernen in Deutschland tatsächlich gleich geregelt, sagt Bettina Meyer, Volkswirtin beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS).

Doch die Konzerne seien schlecht vergleichbar: „Die wirtschaftliche Stärke der Unternehmen ist unterschiedlich“ sagt Meyer. Aufgrund geringerer Kapitalausstattung könnte Vattenfall Deutschland früher in die Lage kommen, mit den anfallenden Kosten überfordert zu sein.

Kostenrisiko der AKW-Altlasten

In der Politik jedenfalls ist durch die Meldungen der vergangenen Woche, wonach die Atomwirtschaft das Kostenrisiko der AKW-Altlasten auf den Staat abwälzen will, das Thema stärker als bisher in den Vordergrund gerückt. Die Grünen plädieren dafür, die Atomrückstellungen der Konzerne in einen Fonds zu überführen, um sicherzustellen, dass sie bei Bedarf auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Zugleich müsse sichergestellt sein, dass die Konzerne für Kosten, die über die bestehenden Rückstellungen von rund 36 Milliarden Euro hinausgehen, weiterhin haften.

Ein Problem besteht darin, dass es zu den Kosten für Rückbau und Entsorgung der Altreaktoren bisher nur grobe Schätzungen gibt. Die Betreiber müssten für jede einzelne Anlage darstellen, in welchem Zeitraum sie mit welchen Kosten rechnen, fordern die Grünen. Vattenfall betont, man sei „gesetzlich verpflichtet, Rückstellungen in ausreichender Höhe zu bilden“.

Die Berechnung der Rückstellungshöhen erfolge „auf der Basis unabhängiger Gutachten“. Doch was heißt das? FÖS-Expertin Meyer ist auch nach der intensiven Analyse der Daten nicht sicher, ob die veranschlagten Kosten ausreichen werden. Die Gründe: dürftige Informationen, die auch aus unterschiedlichen Bilanzierungsverfahren der Konzerne resultieren. Eine ihrer Forderungen: eine „kernkraftwerksscharfe Bilanzierung“.

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