Streit um Kaisenhäuser: Friede den Hütten

Kaisenhäusern soll kein Abriss mehr drohen, wenn sie als Gartenlauben dienen, schlägt der grüne Bausenator vor. Die SPD ist sauer.

Legales, seit 1949 bewohntes Kaisenhaus im Bremer Westen. Bild: Jan Zier

Der grüne Bausenator Joachim Lohse will, unter bestimmten Bedingungen, Kaisenhäuser in Parzellengebieten dulden. Bisher wurden sie vor allem mit dem Abrissbagger bekämpft. Nun, so der Plan, sollen intakte Behelfsheime in voller Größe erhalten bleiben – wenn sie nur als Gartenlauben genutzt werden.

„Das ist der erste vernünftige Vorschlag eines Verantwortlichen seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten“, sagt die Kaisenhaus-Expertin und Historikerin Kirsten Tiedemann. Das Wohnen im Kleingarten ist weiter verboten – ausgenommen sind nur „Kaisenauswohner“ (siehe Kasten).

Anlass der Debatte ist die heftig umstrittene Zwangsräumung einer Parzelle im vergangenen Winter. Damals ließ Lohses Behörde das Parzellenhaus eines Mitsechzigers – er wohnte seit längerem illegal im Kleingarten – mit Hilfe der Polizei und eines Baggers abreißen.

Der Fall schlug hohe Wellen. Nachher war sich die rot-grüne Koalition einig, dass so etwas nicht wieder vorkommen soll. Bis Ende 2013 sollte Lohse ein Konzept vorlegen, wie mit Kaisenhäusern zu verfahren ist, vor allem mit solchen, die größer sind als jene 24 Quadratmeter, die das Bundeskleingartengesetz erlaubt.

Angesichts der akuten Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Bremen das Wohnen "auf Parzelle" auf Weisung von Nachkriegs-Bürgermeister Wilhelm Kaisen (SPD) 1945 zunächst geduldet.

In der Folge entstanden viele Wohngebäude in den Kleingartenkolonien - die Kaisenhäuser. Bis 1955 wurden solche "Behelfsheime" offiziell zugelassen.

Heute leben in Bremen noch einige hundert Menschen als sogenannte "Kaisenauswohner" legal in Schrebergärten. Das sind jene, die mindestens schon seit 1974 dort leben. So hat es 2000 ein Runder Tisch beschlossen. Teil des Deals: Ziehen die AuswohnerInnen aus oder sterben sie, werden ihre Häuser abgerissen.

Dieses Konzept gibt es immer noch nicht, dafür aber zwölf Eckpunkte, für die Bau-Staatsrat Wolfgang Golasowski verantwortlich ist. „Das Haus soll nicht dafür bestraft werden, dass es mal bewohnt war“, sagt er. Gegen „unzulässiges Dauerwohnen“ in Kleingartengebieten soll aber weiterhin vorgegangen werden – die Behörde spricht von etwa 90 Fällen. Die BewohnerInnen müssten ausziehen, aber das Haus könne stehen bleiben, so Golasowski – auch wenn es größer ist als heute erlaubt.

Seit dem Jahr 2000 hat die Behörde etwa 350 solcher Kaisenhäuser abgerissen, weitere 215 stehen zum Teil seit Jahren leer, für sie liegen „Abrissverfügungen“ vor. Weil deren Umsetzung die Behörde aber jedes Mal weit über 10.000 Euro kostet, wird es laut Golasowski noch mindestens zehn bis 15 Jahre dauern, bis diese Bauten auch tatsächlich abgerissen sind. Die Häuser verfallen mit der Zeit: „Von diesen Ruinen geht eine fatale Wirkung auf gut funktionierende Kleingartengebiete aus“, so Tiedemann.

Maike Schäfer von den Grünen begrüßt, dass es keine neuen „Abrissverfügungen“ geben soll: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Intakte Werte dürften nicht mit Steuergeldern vernichtet werden. In der SPD-Fraktion wiederum ist man sauer auf Lohse – der Vorstoß des Ressorts sei „nicht in der Koalition abgestimmt“, sagte Baupolitiker Jürgen Pohlmann. Er kenne Golasowskis Papier auch nicht – dafür warte man „dringlich“ auf den schon 2013 zugesagten Bericht.

Unterdessen wird geprüft, einzelne Kleingartengebiete zu Wochenendhaus-Gebieten zu erklären. Hier kann laut einem neueren Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes das Wohnen „ausnahmsweise“ zugelassen werden, außerdem sind dort Häuser mit 40 Quadratmetern erlaubt. „Das ist nicht der Königsweg“, so Golasowski. Denn: In Kleingärten ist die Pacht gedeckelt, bei Wochenendhäusern nicht.

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