WM-Achtelfinale Frankreich – Nigeria: Kein Qualitätskick

Frankreich kann beim Sieg gegen Nigeria nur selten überzeugen. Die Afrikaner sind lange besser, kassieren aber zwei vermeidbare Tore.

Sicherte Frankreich mit seinem Tor den Einzug ins Viertelfinale: Paul Pogba (Mitte). Bild: reuters

Die Startbedingungen: Frankreich hat bis auf diverse Kampfsporteinlagen auf dem Feld eine wenig peinliche Vorrunde hingelegt. Man spricht über den Fußball der Franzosen und kaum über ihr Benehmen. Das ist schon mal besser als bei den vergangenen zwei Turnieren. Nigeria hat sich für die Runde der letzten 16 qualifiziert, weil sie in Vincent Enyema einen herausragenden Torwart im Team haben und sie im Spiel gegen Bosnien-Herzegowina auf die Mithilfe des Schiedsrichters bauen konnten. Vielleicht sollte man froh sein, dass das Spiel überhaupt angepfiffen wurde. Noch bis kurz vor der Abreise zum Spiel nach Brasilia streikte die Mannschaft für höhere Prämien.

Das Spiel: Dass es den beiden Teams in der ersten Viertelstunde insgesamt drei mal gelungen ist, den Ball bis in den Strafraum vorzutragen, spricht nicht unbedingt für die Qualität der Partie. In der 19. Minute ist der Ball plötzlich im Tor der Franzosen. Da ist froh, wer nicht eingeschlafen ist, auch wenn Emenike bei seinem Schuss im Abseits steht. Geht es jetzt endlich los? In der Tat. Endlich spielt Frankreich Fußball. Pogba, Valbuena, Pogba – Schuss. Enyema zeigt eine erste große Parade. Funktioniert das 4-3-3 der Europäer doch? Denkste. Pogba serviert hohe, schlecht platzierte Flanken aus dem Halbfeld, Benzema erreicht sie nicht. Und meistens hat eh Nigeria den Ball.

Den Afrikanern gelingt es immer wieder, den Ball in aller Ruhe nach vorne zu tragen. Gefährlich ist das auch nicht. Oder doch? Einen Schuss von Emenike von der Strafraumgrenze muss Frankreichs Keeper Lloris noch abwehren. Zwei Minuten Nachspielzeit, dann ist endlich Pause. Danach wird's zunächst auch nicht besser. Bis zur 60. Minute ist der einzige Höhepunkt ein grobes Foul von Frankreichs Matuidi an Onazi. Der muss verletzt vom Platz und wird von Gabriel ersetzt. Hoffnung auf Spielkultur keimt auf, als die Franzosen den harmlosen Ballverlierer Olivier Giroud durch Griezmann ersetzen. Doch Nigeria bleibt besser.

Wieder muss Keeper Lloris halten, nachdem Odemwingie aus 16 Metern scharf geschossen hat. Und als Benzema urplötzlich doch allein vor dem nigerianischen Tor steht, wird das natürlich auch nichts. Wer eingeschlafen ist, wacht spätestens in der 77. Minute auf, als Cabaye nach einem Eckball die Latte trifft. Die Wachfußballphase der Franzosen beginnt. Zunächst scheitert Benzema nach einem Freistoß an Enyema. Kurz danach trifft Pogba nach einem Ecke. Jetzt sind nur noch zehn Minuten zu spielen. Doch als Nigeria gefordert ist, gelingt dem Team nicht mehr viel. Beinahe logische Folge: Yobos Eigentor in der Nachspielzeit. 2:0 für Frankreich.

Der Moment des Spiels: In der 68. Minute fliegt ein von einem Nigerianer geschossener Eckball weit über den Strafraum und segelt 25 Meter von der Torauslinie entfernt ins Seitenaus. Ein Qualitätskick war das nicht.

Der Spieler des Spiels: Enyema. Vergessen wir seinen Fehler vor Pogbas Kopfball zum 1:0 mal kurz. Seine Paraden waren WM-tauglich.

Die Pfeife des Spiels: Enyema. Siehe oben.

Die Schlussfolgerung: Frankreich hat sich durch diesen miesen Sieg erst einmal aus dem Kreis der Titelfavoriten verabschiedet.

Und sonst? Schiedsrichter Geiger geht sehr sparsam mit seinem Freistoßspray um. Besteht die Mauer nur aus ein oder zwei Spielern, lässt er die Dose am Gürtel stecken. Dafür gebührt ihm an dieser Stelle der taz-WM-Öko-Award.

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