Echt: TV-Fälscher soll vier Jahre büßen

■ Landgericht Koblenz spricht Michael Born schuldig. Schwerer als die Fakes wogen andere Delikte wie Volksverhetzung oder „Tötung eines Wirbeltiers“. Richter kritisiert Medien: „Betrug an den Zuschauern“

Koblenz (taz) – Zu vier Jahren Gefängnis hat die 12. Große Strafkammer am Landgericht in Koblenz den Fernsehfälscher Michael Born (38) zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der drei Monate andauernden Hauptverhandlung, während der 60 Zeugen gehört wurden, war die Kammer überzeugt, daß sich Born in 17 Fällen des Betrugs und in weiteren drei Fällen des versuchten Betrugs an diversen Fernsehsendeanstalten schuldig gemacht habe.

Schwerwiegender für die Strafzumessung als die von Born vor allem dem politischen Magazin „Stern TV“ angedrehten Fälschungen seien jedoch die im Zusammenhang mit der Herstellung dieser Filme von Born begangenen anderen Delikte zu werten, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Weiland in der Urteilsbegründung und zählte auf: Vortäuschung von Straftaten, Urkundenfälschung, illegale Einfuhr von Schußwaffen, illegaler Waffenbesitz, Sachbeschädigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Aufstachelung zum Rassenhaß, Volksverhetzung, Verunglimpfung des Andenkens von Verstorbenen – und die Tötung eines Wirbeltieres (Katze, d. Red.) ohne ersichtlichen Grund.

Die geständigen Mitangeklagten kamen glimpflicher davon. Kameramann Georgis Charalampous (40) wurde wegen Beihilfe zum Betrug zu zwei Monaten Haft auf Bewährung und zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 4.500 Mark verurteilt. Regieassistent und „Schauspieler“ Peter Rothenhöfer kam mit sieben Monaten Haft auf Bewährung davon.

Weitaus härter ging Weiland mit den Medien, insbesondere mit „Stern TV“, ins Gericht. Die „Gier nach Einschaltquoten“, nach immer neuen Sensationen, habe bei den Redakteuren dort über die gebotene journalistische Sorgfaltspflicht triumphiert. Dabei hätten gerade die Mitarbeiter politischer Magazine eine besondere Verpflichtung, sich um „Wahrheit und Wahrhaftigkeit“ zu bemühen, sagte Weiland. Denn eine funktionierende starke Demokratie brauche den mündigen Bürger, der sich auch über politische Magazine seine Meinung bilden müsse. Deshalb seien die Medien verpflichtet, ihnen angebotene Nachrichten und angebotenes Material genau zu prüfen. Geschehe das nicht, laufe die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit ins Leere. Weiland: „Die Redaktionen, die mehrfach Material von Born angekauft und gesendet haben, haben ihre öffentliche Aufgabe schlecht erfüllt.“ Spätestens seit dem Ärger nach dem von „Stern TV“ gesendeten Fake über Kinderarbeit in Indien (Teppiche für Ikea) hätten die dort tätigen Redakteure wissen können, daß sie einem Fälscher auf den Leim gegangen waren. Weiland: „Die Bilder haben gelogen.“ Für Richter Weiland alles „Betrug am Zuschauer“ – aber strafrechtlich nicht relevant.“

Weil es ihm die politischen Fernsehmagazine so leichtgemacht hätten, seine Fälschungen unterzubringen, ist die Kammer unter dem von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafmaß von fünf Jahren geblieben. Denn der Aufwand an „krimineller Energie“ durch Born bei der Begehung seiner Betrügereien, so Richter Weiland, habe – angesichts der fehlenden Kontrollmechanismen bei den Redaktionen – „nicht sonderlich stark“ sein müssen. Deren „süßer Irrglaube“ sei so weit gegangen, daß sie die „Augen geschlossen“ hätten. Ganz besonders monierte Weiland, daß „Stern TV“ mit einer „bisher nicht offenbar gewordenen Dreistigkeit“ versucht habe, den Skandal um Born zu vertuschen. Aber auch das, so Weiland mit offensichtlichem Bedauern, sei kein Indiz für eine Mittäterschaft, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus „sogar nachvollziebar“. Klaus-Peter Klingelschmitt

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