Kommentar Edward Snowden: Feiger Westen

Russland ist das einzige Land, das Snowden Asyl gewährt. Das zeigt, in welch schlechtem moralischen Zustand sich auch die deutsche Regierung befindet.

Sein russisches Asyl steht ihm nicht gut, aber in der Not kann man sich seine Retter eben nicht aussuchen: Edward Snowden. Bild: dpa

Russland hat das Aufenthaltsrecht für Edward Snowden um drei Jahre verlängert. Für Snowden ist das eine gute Nachricht – die aber viel über den schlechten moralischen Zustand des Westens aussagt. Zur Erinnerung: Snowden wollte nicht nach Russland. Er war auf dem Weg nach Lateinamerika und blieb dann im Transitbereich des Moskauer Flughafens hängen. Von dort beantragte er Asyl in rund zwei Dutzend Staaten, inklusive Deutschland – ohne Erfolg. Erst dann entstand die Idee, dass Snowden vorübergehend in Russland bleiben könnte. Von sich aus wäre der freiheitsliebende Amerikaner nie ins autokratische Russland geflohen.

Seitdem ist ein Jahr vergangen, und es hat sich wenig an Snowdens Situation geändert, aber viel im Verhältnis Russlands zum Westen. Vor einem Jahr war Putin noch Partner des Westens. Ein schwieriger Partner zwar, aber ein Partner. Jetzt schürt Putin den Bürgerkrieg in der Ukraine und der Westen überzieht Moskau mit Sanktionen. Und Snowden ist immer noch in Russland. Was vor einem Jahr seltsam war, wirkt heute geradezu grotesk.

Aber Snowden kann am wenigsten dafür. Er hat keine andere Wahl, wenn er nicht als Märtyrer in ein US-Gefängnis gehen will. Sein russisches Asyl steht ihm nicht gut, aber es schadet nicht seinem untadeligen Ruf, jedenfalls in der europäischen Öffentlichkeit. In der Not kann man sich seine Retter eben nicht aussuchen. Dass Snowden trotz der nationalistischen Zuspitzung in Russland bleiben muss, sagt nichts über Snowden als Person aus, sondern macht die charakterlose Feigheit der westlichen Regierungen umso deutlicher.

Snowdens Reputation in der europäischen Öffentlichkeit ist von Bedeutung. Denn eines Tages könnte er plötzlich da sein, heimlich eingereist, mit falschen Papieren und falschem Bart. Dann ist es wichtig, dass er von einer Welle der Sympathie getragen wird, die die europäischen Regierungen zwingt, dem digitalen Freiheitsheld doch einen sicheren Aufenthalt zu gewähren.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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