Rechtsradikalismus: Kritik an Polizei nach Rostocker NPD-Demo

Die Polizei spricht von Links-rechts-Krawall - Opferberater halten das für eine skandalöse Fehleinschätzung

Protest gegen die NPD in Rostock. Bild: dpa

BERLIN taz In der Neonazi-Szene herrscht seit Samstag Jubelstimmung. "SIEG! Das war echt klasse!", schreibt einer in einem bekannten rechtsextremen Internetforum. Die "Zecken" hätten endlich "ordentlich was aufs Maul bekommen, hähä". Ein anderer bilanziert: "Herrlich. Wochenlang hatten die Linken ne große Fresse am Hals und jetzt gabs mal ne ordentliche Abreibung. Sauber, weiter so."

Die Rede ist von einem Vorfall, der sich am Samstag in einem Zug nach Rostock zutrug. Die Bundespolizei spricht von einer "Auseinandersetzung von linken und rechten Veranstaltungsteilnehmern", die allesamt in einer S-Bahn unterwegs zu einer NPD-Demonstration oder zur Gegen-Demo in Rostock gewesen seien. Der Opferberatungsverein Lobbi hält diese Darstellung für skandalös.

"Das war keine Auseinandersetzung zwischen links und rechts", versichert Opferberater Tim Bleis. Vielmehr hätten Rechtsextreme am Bahnhof Pölchow einen Waggon gestürmt, die Passagiere herausgezerrt und zusammengeschlagen. Bleis und seine Kollegin Katrin Meinke berufen sich auf Aussagen von dutzenden Betroffenen, mit denen sie inzwischen gesprochen haben. "Ich halte deren Darstellung für absolut glaubwürdig", so Meinke. "Mindestens die Hälfte waren Frauen, viele stehen unter Schock." Es habe sich nicht nur um Antifa-Aktivisten gehandelt, sondern um eine bunte Gruppe, ein guter Teil sei von einem Techno-Musikfestival nach Rostock unterwegs gewesen. Unter den Verletzten sei auch ein vierjähriges Kind, das mit seiner Mutter zufällig in dem Waggon gesessen habe.

Der Bundespolizei-Sprecher Stefan Perschall sagte gestern indes, es gebe "noch keine neue Interpretation" des Vorfalls. "Rechte und linke Teilnehmer weisen sich gegenseitig die Schuld zu." So lautet die Polizeibilanz weiter: Gegen 17 Rechte und 37 Linke wurden Ermittlungen eingeleitet. Im Gegensatz zum Opferverein Lobbi ist dem Polizeisprecher nichts von einem verletzten Kind bekannt. Die Polizei habe sieben Verletzte registriert - wie viele davon aus dem rechtsextremen Lager, könne er nicht sagen. Die Ermittlungen seien gerade erst angelaufen und könnten Wochen dauern.

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