Blumenthal übt Demokratie: SPD wählt Grüne ab

Im Streit um die Videoüberwachung des Bahrsplate-Bolzplatzes hat die SPD im Ortsbeirat Blumenthal die Grünenfraktion als befangen ausgeschlossen.

Umzäunt, überwacht, umstritten: Bolzplatz auf der Bahrsplate in Blumenthal. Bild: Kay Michalak / Fotoetage

BREMEN taz | Zum Eklat kam es am Montag im Blumenthaler Ortsbeirat. Der hätte sich mit der rechtlich zweifelhaften Videoüberwachung des Bolzplatzes auf der Bahrsplate befassen müssen: Statt aber auf die Ende Juli gestellten Fragen eines Anwohners zu reagieren, machte sich das Gremium durch Befangenheitsentscheidungen beschlussunfähig.

Zunächst war Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) von der Senatskanzlei als befangen eingestuft worden: Er ist Vorsitzender des Fördervereins der Bürgerstiftung Blumenthal, die Bolzplatz und Überwachungstechnologie betreibt. Weil derartige Vorstandstätigkeiten vom Beiratsgesetz als Ausschlussgrund ausdrücklich genannt werden, hatten sich in diesem Sinne vier weitere Beiratsmitglieder, in der Führung desselben Vereins tätig, für befangen erklärt.

Anschließend wurde, unter Berufung auf eine Rechtsauskunft der Senatskanzlei, die zweiköpfige Beiratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen gegen ihren Willen ausgeschlossen: Eike Schurr, weil der sich die Kritik des Bürgerantrags an der Videoüberwachung zu eigen gemacht, die Datenschutzbeauftragte und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hatte. Und Gabriele Kröger-Schurr, weil die seine Mutter ist. Einen Antrag oder ein Beschlusstext – Fehlanzeige: „Wir müssen nicht jeden Satz extra formulieren, den wir beschließen“, teilte Alex Schupp (SPD), der die Sitzungsleitung von Peter Nowack übernommen hatte, tags darauf auf Nachfrage mit.

Inhalt und Form des Ausschlusses hätten sich „automatisch aus der Sache“ ergeben. In scheinbarer Spontaneität hatte Schupp dann, direkt nach dem Votum, die Idee, die Beschlussfähigkeit der Versammlung in Frage zu stellen. Und siehe da: Von den 16 gewählten und geladenen Beiratsmitgliedern waren statt der nötigen acht nur noch sieben stimmberechtigte anwesend.

Die Anregung von Anke Krohne (Die Linke), man möge doch die Bürgerfrage ohne Beschluss beantworten, wischte dann der zu diesem Zeitpunkt noch ausgeschlossene Nowack vom Tisch: „Über einen Bürgerantrag muss abgestimmt werden.“

Verärgert hat darauf die Grünen-Parteiführung reagiert: „Demokratietheoretisch habe ich damit große Probleme“, so der Landesvorsitzende Ralph Saxe zur taz. „Wenn das Ortsbeirätegesetz es zulässt, dass eine Mehrheit eine Minderheit per Beschluss rauswirft, gehört das geändert.“ Er habe jedoch große Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beschlusses.

Tatsächlich ist das Beirätegesetz unklar in der Frage, inwiefern das Initiieren einer behördlichen Prüfung eine Befangenheit begründet. Und ob und wie ein Beirat ein Mitglied initiativ ausschließen kann, darüber trifft es keine Aussagen: Um die Befangenheit festzustellen, nennt es allein die Selbstanzeige des Betroffenen, über die wiederum abzustimmen ist.

„Wir lassen das prüfen“, kündigt Parteichef Saxe an. „Auch die Senatskanzlei muss sich dazu verhalten.“ Dort allerdings bestätigt Referatsleiter Reiner Kammeyer (SPD), den Ortsbeirat einschlägig beraten zu haben. Auch wenn es sich nicht um eine zivilrechtliche Sache handele, „wer anzeigt, kann sich durch seine Mitwirkung an Entscheidungen einen persönlichen Vorteil verschaffen“, findet er. „Das erschließt sich mir nicht“, widerspricht Schurr. Bereits in der Sitzung hatte er angekündigt, notfalls vors Verwaltungsgericht zu ziehen.

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