AfD-Programm für Hamburg-Wahl: „Kultur, Tradition und Tugend“

Von der Hamburg-Wahl 2015 verspricht sich die AfD den ersten Triumph im Westen. Im Programmentwurf beruft sie sich auf hanseatisch-bürgerliche Werte.

AfD-Granden im Jahr 2013: Der Landeschef Jörn Kruse (Mitte) neben Günther Siegert (rechts) und Kay Gottschalk Bild: dpa

HAMBURG taz | Es soll ihr erster Erfolg in einem westdeutschen Landtag werden: Wenn am 15. Februar kommenden Jahres in Hamburg die Bürgerschaft gewählt wird, hofft die „Alternative für Deutschland“ (AfD) dort Platz nehmen zu können. Sieben bis acht Prozent hält Landesparteichef Jörn Kruse für möglich. Ein jetzt kursierender Entwurf des Wahlprogramms offenbart, wen die AfD in Hamburg von sich überzeugen will – und wie.

In der Präambel des 24-Seiten-Papiers wird ausgeführt, dass die AfD „längst das Programm einer breit aufgestellten bürgerlichen Partei“ vorweise. „Im Kern“ fühle man sich dem „gesunden Menschenverstand“ verpflichtet, heißt es weiter, und sei „ideologisch nicht eingeengt“. Nein, die Partei sieht sich als „wirtschaftsliberal und wertkonservativ“ und will „die bürgerliche Kultur, Tradition und Tugend“ vertreten. Und dann setzt der Text auf Lokalpatriotismus: Gerade eine Stadt wie Hamburg stehe für solche „bürgerlichen Lebensformen mit ihrer altehrwürdigen Kultur des Hanseatentums“.

Bürgerlich und hanseatisch also ist, was den Wählern angeboten wird. Ebenfalls in der Präambel ist aber dann auch die Rede von einem „beschämenden Zusammenhang zwischen kolossalem Politikversagen und umfassender Behinderung offener Diskussionen (’political correctness‘)“. Dieses Sich-zum-Opfer-Erklären – man dürfe ja nicht sagen, was es zu sagen gäbe – einhergehend andererseits mit einer Selbst-Heroisierung: Das sei der typische Jargon der radikalen Rechten, sagt Alexander Häusler vom Forschungsschwerpunkt „Rechtsextremismus und Neonazismus“ der Fachhochschule Düsseldorf. Anlässlich zurückliegender Wahlen stellte Häusler in mehreren Studien einen zunehmenden Rechtstrend der AfD fest.

In Sachen „Bildungspolitik“ spricht sich die Hamburger AfD in ihrem Entwurf „für den Erhalt der Förderschule wie der Gymnasien und Stadtteilschulen“ aus und will „die ideologischen Entwertung des Gymnasiums beenden“. Die Zahlung staatlicher Leistungen an Eltern soll an die Erfüllung von Pflichten gekoppelt werden. In den Leitlinien zu „Wirtschaft, Forschung und Finanzen“ betont man die „deutschen Tugenden“ und betont: „Niemals sollte es sich lohnen, staatliche Sozialleistung zu kassieren anstatt zu arbeiten.“ Alle Bürger müssten „erfahren, dass sich Leistung wirklich lohnt“.

Ihre Kandidaten zur Bürgerschaftswahl 2015 bestimmt die Hamburger AfD auf ihrem Landesparteitag am 3. und 4. Oktober. Parteigänger aus dem rechten Spektrum hat sie aber längst:

Von der "Schill-Partei" kommen Dirk Nockemann, Norbert Frühauf, Bodo Theodor Adolphi und Peter Lorkowski. Nockemann war Büroleiter Ronald Schills und folgte ihm als Innensenator. Heute Vize-Landeschef der AfD.

Mitglieder der "Freiheit" waren Jens Eckleben, Arno Willemer und Claus Döring.

Für die NPD kandidiert hat im Jahr 2011 Björn J. Neumann. Im vergangenen Jahr besuchte er ein Treffen der rechtsextremen Schülerburschenschaft Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg. Eine frühere Mitgliedschaft in NPD oder DVU ist ein Ausschlussgrund bei der AfD. So läuft gegen Neumann, Mitglied seit der Gründungszeit des Landesverbandes, ein Ausschlussverfahren - seit Monaten.

Dass jegliche „Anreize“ zur Einwanderung „in die Sozialsysteme“ zu verhindern seien, wird erneut unter der Rubrik „Zuwanderung und Asyl“ erklärt, ausdrücklich genannt werden „die Roma“. Statt irgendwelcher „Multikulti-Utopien“ will die AfD einen „Grundsatz“ hochgehalten sehen: „Integration ist primär eine Bringschuld der Zuwanderer.“ Bei der Wohnungspolitik will man keine Mietpreisbindung, stattdessen solle die städtische Wohnungsbaugesellschaft Saga/GWG ihren Mietern verstärkt Wohnungen zum Kauf anbieten – um die „Eigenverantwortung“ zu stärken. Gleichstellung der Geschlechter durch Quoten lehnt die AfD ab und beklagt, dass „kinderlose Frauen“ bei Stellenvakanzen Vätern vorgezogen würden.

Zur „Inneren Sicherheit“ schließlich wird ausgeführt, Hamburg sei zur „Hochburg des Linksextremismus“ geworden –unter Hinweis auf rechtsfreie Räume und „Gewaltexzesse um die ’Rote Flora‘“. Als Konsequenz fordert man 500 neue Stellen bei der Landespolizei, geschlossene Heime für jugendliche Intensivtäter, das Dokumentieren des ethnischen Hintergrunds in der Kriminalstatistik sowie die Ausweisung ausländischer Straftäter und Hassprediger.

Bisher hat die AfD mit solchen Programmen beinahe allen Parteien Wähler abgetrotzt – aber kaum von den Grünen. Diese „Gutmenschen“ stünden für alles, was die AfD ablehne, sagt Häusler – man stehe einander kulturell und politisch „diametral entgegen“.

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