Kommentar Misshandlung in NRW: Das Geschäft mit den Asylsuchenden

Schlimm genug, dass die Bundesrepublik Flüchtlinge abweist. Unerträglich, dass nicht einmal die wenigen angemessen versorgt und geschützt werden.

Das Flüchtlingsheim in Burbach, in dem Asylsuchende misshandelt wurden Bild: dpa

Vor der Tür johlt der Mob, und drinnen schlägt der Sicherheitsdienst. Ist das die Realität für Flüchtlinge in Deutschland? Für Menschen, die vor Gewalt und Elend geflohen sind? Nicht jeden Tag und nicht überall. Aber zu oft. Gegen Nazis vor Flüchtlingsunterkünften wird immerhin demonstriert. Die furchtbaren Zustände in den Einrichtungen nehmen Politik und Gesellschaft aber hin.

Die jetzt bekannt gewordenen Demütigungen und Misshandlungen von Asylsuchenden in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsheimen machen eins klar: Es ist Zufall, dass Übergriffe in den Einrichtungen öffentlich geworden sind. Hätte nicht jemand die Misshandlung eines Mannes durch Sicherheitskräfte gefilmt und einem Journalisten zugespielt, die beteiligten Sicherheitsleute wären heute noch im Dienst. Geblieben sind die vielerorts unhaltbaren Zustände für die Bewohner in den Flüchtlingsunterkünften, wie extremer Platzmangel, fehlende psychosoziale Betreuung und schlechte hygienische Bedingungen.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat sich für die Vorfälle entschuldigt. Seine Betroffenheit wirkt aufrichtig. Dass sie echt ist, muss er jetzt unter Beweis stellen: Indem er mehr Konsequenzen zieht, als künftig keine Sicherheitsleute zuzulassen, die wegen Körperverletzung vorbestraft sind. Die bekannt gewordenen Vorfälle sind ein Alarmsignal, das nicht nur die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf aufschrecken muss. Die Zustände der Flüchtlingsunterkünfte sind in allen Bundesländern schlecht.

Schlimm genug, dass die Bundesrepublik Schutz suchende Menschen an den Grenzen abweist oder abschiebt. Aber unerträglich ist, dass nicht einmal die im weltweiten Maßstab wenigen aufgenommenen Menschen angemessen versorgt und geschützt werden. Das Mindeste ist die Einrichtung einer unabhängigen Anlaufstelle für Flüchtlinge, an die sie sich bei Gewalt und anderen unhaltbaren Zuständen wenden können.

Die Bedingungen in den Heimen sind auch deshalb schlecht, weil die Unterbringung von Asyl suchenden Menschen ein Geschäft ist. Profitorientierte Anbieter wie European Homecare bauen mit Dumpingpreisen ihre Marktanteile aus, weil die Behörden bei der Auftragsvergabe eben nicht das Wohl der Heimbewohner, sondern die Kosten im Blick haben. Den Preis dafür zahlen die Flüchtlinge.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.