■ Echt Sahne – „Kalkofes Mattscheibe“
: Speckbulette als Hungerkünstler

Unweigerlich kam der Moment, da dem Geschäftsführer des Hamburger „Studio Kino“ die gute Laune verging: Auf einer kleinen Bühne im überfüllten Atrium des Filmtheaters stand in der vergangenen Woche der „TV-Motzer“ (Bild) Oliver Kalkofe am Pranger und ließ sich, gegen eine angemessene Spende für den gemeinnützigen „Klaus-Baumgart-Fonds“, mit Sahne bewerfen. Die allerdings landete zumeist sonstwo, nur nicht im Gesicht des „Satirikers“ (taz).

Gefeiert wurde die 53. Ausgabe der lästerlichen Fernsehsendung „Kalkofes Mattscheibe“. Dort zahlt der „Steher“ (Neue Wochenend) Kalkofe den „Volksmutanten“ (Kalkofe) wie dem Nordsee- Schlagerduo „Klaus und Klaus“ heim, was sie dem Gebührenzahler an geschmacksverletzenden Darbietungen zumuten. Daran orientierte sich auch der Jubiläumsabend: mit Trachtenkapelle und bayrischem Büffet. Dazu gab es noch „The worst of Mattscheibe“ auf der Kinoleinwand.

Nicht geladen zur Party war Klaus – vulgo Claus – Baumgart, der Kalkofe und dessen Sender premiere Anfang November vor das Oldenburger Landgericht gescheucht hatte (die taz berichtete). Der stabil gebaute „Blödelbarde“ (Bild), die voluminösere Hälfte des schreckenverbreitenden Duos „Klaus & Klaus“, hatte Anstoß genommen an der Bezeichnung „Speckbulette“, mit der sein äußeres Erscheinungsbild im Rahmen der Sendung „Kalkofes Mattscheibe“ metaphorisch umschrieben worden war und postwendend eine Klage auf 27.000 Mark Schadensersatz angekündigt. Schmerzlich getroffen zeigte sich der dünnhäutige „Schlagersänger“ (Berliner Zeitung) insbesondere deswegen, weil er sich gerade erst von imposanten 127 Kilo auf athletische 99 heruntergehungert hatte. Da werden wohl nur gefühllose Zeitgenossen unken, daß bei dem ganzen Wirbel womöglich Baumgarts Werbevertrag mit einem Diätverkoster eine Rolle gespielt haben mag, der seiner Kundschaft namentlich eine fitte Figur verspricht. Ein gewichtiger Grund freilich spricht für diese häßliche Vermutung: Der „abgespeckte Bühnen- Rundling“ (Weser-Kurier) stellte bei der richterlichen Anhörung penetrant das Logo seines Diät- Sponsors zur Schau. Der Streit endete mit einem außergerichtlichen Vergleich, der auf nichts anderes hinauslief als das, was Kalkofe Klaus Baumgart schon bei einem gemeinsamen Auftritt bei „Gottschalk“ angeboten hatte: Baumgart wird im Frühjahr 1996 bei „Kalkofes Mattscheibe“ zu Gast sein und auf den verbalen Anschlag reagieren. Oliver Kalkofe (102 Kilo) zur taz: „Ich habe ihn in die Sendung eingeladen, und was da passiert, das will ich nicht erzählen, sonst nehmen wir die Überraschung weg.“ Dicke Freunde sind die beiden deswegen nicht geworden. Kalkofe: „Also ganz klar: Wir zahlen keinen Pfennig; ich darf weiter sagen, was ich will; ich darf machen, was ich will.“ Der umtriebige Comedy-Autor, der auch mit seinen Hörfunkarbeiten bereits verschiedentlich aneckte, plädiert leidenschaftlich für die Freiheit der Satire: „Ich bin stolz auf meine Feinde, und ich bin stolz auf die Fans – auf beides gleichermaßen.“

Anhänger haben Kalkofe und sein Team, das mit den übelsten TV-Zumutungen durchweg streng ins Gericht geht, mittlerweile sogar unter Kollegen gefunden. Michael Schanze, selbst Spott-Zielscheibe, meldete nach Hamburg, sich bestens unterhalten zu haben. Ein gutgelaunter Mola Adebisi (Viva) revanchierte sich in Kalkofes Sendung persönlich für die Schmähungen. Selbst das Fachpublikum gibt sich geneigt – „Kalkofes Mattscheibe“ wurde für den Grimme- Preis vorgeschlagen und bei einer ersten Sichtung wohlwollend begutachtet. Harald Keller