CO2-Emissionen und Kohlekraftwerke: Gabriel will an die Kohle ran

Kraftwerke sollen künftig weniger CO2 in die Atmosphäre blasen dürfen. Bestenfalls bedeutet das: Betreiber nehmen alte Anlagen vom Netz.

Sigmar Gabriel mit Weitblick? Bild: dpa

FREIBURG taz | Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will nun offenbar doch an die Kohlekraftwerke heran. Einem Eckpunktepapier des Ministeriums zufolge sollen die Betreiber per Gesetz verpflichtet werden, die jährlichen Kohlendioxidemissionen bis 2020 um mindestens 22 Millionen Tonnen zu senken. Dies soll in fünf jährlichen Schritten zu jeweils 4,4 Millionen Tonnen geschehen.

Das Papier trägt den Titel „Entscheidungsbedarf Energie- und Klimakabinett am 3. Dezember 2014“. Denn am Mittwoch kommender Woche berät die Bundesregierung, wie sie ihr selbst gestecktes Klimaziel, den CO2-Ausstoß Deutschlands bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, erreichen will.

In den vergangenen Wochen waren die Signale zum Umgang der Bundesregierung mit den Kohlekraftwerken höchst widersprüchlich. Mal gab es Hinweise, dass die Regierung die Kohle zurückdrängen will, dann wiederum präsentierte sich Gabriel sehr kohlefreundlich – am drastischsten auf einer Tagung der Deutschen Energieagentur, als er die Argumente von Greenpeace-Aktivisten, die einen Kohleausstieg forderten, rhetorisch geschickt und mit dem Vorteil des Mikros in der Hand konterte.

Der neue Vorschlag: Der Staat definiert eine einzusparende CO2-Menge, die gleichmäßig auf alle Kohlekraftwerke verteilt wird. Die Erzeuger von Kohlestrom sollen dann die Möglichkeit haben, die Einsparmengen auf einzelne Anlagen zu konzentrieren, sie gleichmäßig zu verteilen oder auch zwischen Kraftwerken zu übertragen. So will man der Branche ein Maximum an Flexibilität gewähren.

Die Zukunft der Kohle

Werden die Einsparmengen auf die ältesten und ineffizientesten Kraftwerke konzentriert, würde dies das Ende von etwa acht Kohleblöcken bedeuten. Laut Medienberichten vom Wochenende soll Gabriel Vertreter der Unternehmen RWE, Eon, Vattenfall, Steag, EnBW und Thüga für Montag zum Gespräch geladen haben.

Die Ziele der Wirtschaftsministeriums decken sich übrigens recht gut mit einem Vorschlag, den das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in der vergangenen Woche präsentierte: Die Berliner Ökonomen hatten die Abschaltung von Braun- und Steinkohlekraftwerken mit einer Gesamtleistung von neun Gigawatt gefordert, womit sich 23 Millionen Tonnen CO2 jährlich vermeiden ließen.

Die Debatte über die Zukunft der Kohle ist längst zum Maßstab für die Glaubwürdigkeit der Klimapolitik der Bundesregierung geworden. Denn es wird immer deutlicher, dass das Ziel von minus 40 Prozent, das auch im Koalitionsvertrag verankert ist, ohne neue Ideen nicht zu erreichen ist. Bisher sind rund 24 Prozent an Einsparung erzielt, ein paar weitere Prozentpunkte dürfte der Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien bis 2020 bringen. Doch es bleibt aus heutiger Sicht eine Lücke von etwa 8 Prozentpunkten.

Dass die Bundesregierung ihr Aktionsprogramm Klimaschutz am 3. Dezember beschließen will, dürfte auch mit der internationalen Agenda zusammenhängen: Zwei Tage vorher beginnt wieder eine Weltklimakonferenz, diesmal in Peru. Das setzt die Bundesregierung unter Druck, auch zu Hause Klarheit zu schaffen, wie sie es mit dem Klimaschutz halten will.

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