Mielke trotz Urteils bald freier Mann?

Das Urteil gegen Ex-Stasi-Chef Erich Mielke wegen Polizistenmord vor 65 Jahren bleibt bestehen / Bundesgerichtshof weist Revisionen der Anklage und Verteidigung zurück  ■ Aus Berlin Agathe Januar

Als zu Beginn der Hauptverhandlung die Flügeltüren des Verhandlungsraumes des Bundesgerichtshofs (BGH) weit aufgerissen wurden, hofften ein paar Spötter auf den höchstpersönlichen Auftritt des Hauptakteurs. Der aber liegt in einem Raum des Berliner Haftkrankenhauses hinter den Gefängnismauern von Moabit. Und er bekommt so gut wie nichts mehr mit.

Erich Mielkes Anwälte hatten sich zwei Tage ins Zeug gelegt, das Landgerichtsurteil zu Fall zu bringen – ohne Erfolg. Sowohl ihr Revisionsantrag als auch der der Staatsanwaltschaft wurden zurückgewiesen. Es bleibt bei dem Schuldspruch des Landgerichts, einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen der tödlichen Schüsse vor 65 Jahren auf dem Berliner Bülow-Platz auf zwei Polizisten.

Sämtliche Rechtsfehler, die die Anwälte an dem Landgerichtsurteil gerügt hatten, sahen die Bundesrichter als nicht gegeben an. Die Beweiswürdigung sei rechtsfehlerfrei gewesen, die Akten, obwohl einige fehlten, voll verwertbar. Ebenso die von den Nazis errungenen Zeugenaussagen eines ehemaligen Kommunisten, der bei der Bülow-Platz-Sache dabeigewesen war und der, nachdem er zur SA übergelaufen war, Mielke der Tat bezichtigt hatte. Es habe sich auch um Mord und nicht nur um Totschlag gehandelt. Ebensowenig sei die Tat verjährt. Dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Zurückverweisung zum Landgericht zwecks Anhebung der Strafe auf zehn Jahre folgten die Richter ebenso nicht.

Mielkes Anwalt Stefan König sagte, daß das Urteil auf einer „porösen Tatsachengrundlage“ basiere. Aber er sagte auch: „Mit dieser Entscheidung ist das Tor zur Freiheit für Erich Mielke in greifbare Nähe gerückt.“ Mielke käme in Kürze frei, da er bereits zwei Drittel seiner Strafe abgesessen habe. Richtig ist, daß Mielke bereits seit fünf Jahren in Haft sitzt.

Einer Haftentlassung könnte aber entgegenstehen, so die Berliner Justizpressesprecherin Uta Fölster, „daß Erich Mielke wegen des Bülow-Platz-Verfahrens erst seit gut drei Jahren in Untersuchungshaft sitzt.“ Zuvor habe er wegen anderer Vorwürfe in Moabit gesessen, die nicht angerechnet werden könnten. Daher könne Mielke voraussichtlich frühestens in einem Jahr freikommen.

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